Ein Ort für Naturverbundene, Ruhesuchende, Zeitlose

Lesezeit 3 Minuten –

Oder warum bist du hier? Von Gesa Grand. Dieser Satz steht auf einem Schild, das am Büffet draußen auf der Terrasse unseres kleinen Gasthauses hängt. Gäste, die zur Aussichtsterrasse möchten, laufen daran vorbei. Im Laufe der Zeit beobachtete ich, wie sich die Reaktionen der Vorbeilaufenden veränderten. Anfangs blieb kaum jemand stehen, es wurde im Vorbeigehen gelesen. Die häufigste Reaktion war ein spöttisches Lächeln, begleitet von den Worten „Warum wohl, ich habe Hunger und Durst“. Es wurde gelesen und gleich wieder geschluckt von den eigenen Grundbedürfnissen, vom Kopfschütteln, vom Ausdruck, so eine Frage hier oben gestellt zu bekommen.

Die Antworten änderten sich. Viele blieben stehen und lasen die Sätze leise vor sich hin. Ein Moment der Stille. Erst staunen, dann innehalten. In den Gesichtern war zu lesen, dass sie nachdachten. Überlegten. Sich besannen. Und dann huschte ganz oft ein zartes Lächeln über ihre Lippen und die Augen fingen an zu glänzen.

Es ging weiter. Die Augenblicke der Besinnung wurden länger, fragender. Das Bedürfnis nach Austausch wuchs. Immer mehr Gäste sprachen mich darauf an. Und auf das Buch «Das Café am Rande der Welt» von John Strelecky. Denn ja, nach dem Satz «Oder warum bist Du hier? » hatte ich in Klammern den Vermerk, dass diese Sätze angelehnt an das Buch von Herrn Strelecky seien, geschrieben.

Mir wurde bewusst, dass eine ganze Menge Menschen dieses kleine Büchlein gelesen hatten. Das Wiedersehen mit ähnlichen Worten hier oben auf tausend Höhenmeter schubste etwas an. Berührte. Brachte Bewegung. Im Inneren.

Unzählige berührende und offene Begegnungen entstanden daraus. Gespräche, die einen Atemzug lang ganz viel Tiefe hatten, inmitten des Alltagstrubels. In diesen Momenten fühlte ich mich sehr verbunden. Mit meinem Gegenüber. Mit dem Ort. Mit mir.

Als ich dieses Schild kreierte, wusste ich nicht, dass ich damit so viel bewirke.

Ich gestaltete es, um meiner Empfindung, wie ich diesen Ort und dieses Haus wahrnehme, Ausdruck zu verleihen. Das freilege, was kaum sichtbar war. Weil es durch die Freizeit- und Ferienhektik verschluckt wurde. Obwohl es sich förmlich aufdrängte.

Es wirkt weiter. In den Ankommenden. In mir. Gerade gestern ergab sich wieder ein herzlicher Austausch. Der mir zeigte, dass es noch ganz viel zu erwecken gibt. In mir. In den Gästen. In diesem Ort.

Über mich: Bis 2016 als angestellte Psychiatriepflegefachfrau unterwegs, wagten ich und mein Mann Ende 2016 das Abenteuer «Selbständigkeit in der Gastronomie». Seither führen wir gemeinsam ein kleines Gasthaus im Berner Oberland / Schweiz. Mit Tourismus abseits der Trampelpfade und neuem Spirit kommen wir unserer Vision immer näher. Mein Herz ist nicht nur in der Geschäftsleitung, sondern genauso in den Gästezimmern, im Marketing und ganz besonders in den Wohlfühl-Angeboten zu spüren. Als Seelenwärmerin. Und ganz neu als Schreiberin, die ab und an Einblicke in den Alltag eines kleinen Gasthauses gibt.

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Gastbeitrag
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4 Kommentare

  1. Es erreicht die Menschen, die bereits offen sind, wo der Boden dafür geschaffen wurde, solche Saaten aufzunehmen und in sich zu verwandeln. Und diejenigen, deren Boden noch nicht soweit ist, werden sich vielleicht trotzdem daran erinnern, wenn es für sie an der Zeit ist, ihre Motive für das Leben, für das sie sich entschieden haben, zu überdenken. Wunderschön, Gesa, dass du solche Gedankenimpulse gibst – vielen Dank!
    Herzliche Grüße aus Burgwedel/Niedersachsen
    Claudia Gabriel

  2. Hallo Gesa!
    Wie schön, von Deinen Ideen und Eurem wunderschönen Ort zu hören und zu lesen.
    Es beruhigt mich, dass es Menschen gibt wie Du. Das macht mir Mut und zuversichtlich. Ich wünsche Euch ganz viel Erfolg.
    Herzlichst,
    Manu

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