Emotionen sind die Boten vergessener Botschaften

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Emotionen sind das Salz in der Suppe. Sie geben unserem Leben Geschmack und Würze, sie machen den Unterschied aus. Positive Emotionen sind willkommen, negative Emotionen lehnen wir häufig ab und verdrängen sie. Emotion kommt aus dem Lateinischen e-movere – herausbewegen / movere – bewegen. Die Herkunft des Wortes macht ihren Sinn im Menschen deutlich. Emotionen bewegen uns, sie bringen einen inneren Zustand an die Oberfläche. Entweder direkt, indem man das aktuelle Gefühl ausdrückt, z.B. durch Lachen, Weinen, Schreien oder Zittern. Oder aber indirekt mit einem Verhalten, das wir uns selbst antrainiert haben, um unsere Gefühle eben nicht preiszugeben. Irgendwann hatte dies einen sehr guten Grund, doch auf die Dauer?

Wie Emotionen krank machen können

In der Chinesischen Medizin sind jeder der 5 Wandlungsphasen Emotionen zugeordnet: Wasser – Angst, Holz – Wut, Feuer – Freude, Erde – Für-/ Sorge, Metall – Traurigkeit. Wenn wir uns ein kleines Kind anschauen, beobachten wir, wie schnell sich Tränen in Lachen wandeln können, Freude in Wut, etc.. Sehr viel anders ist es auch bei Erwachsenen nicht. Wie oft ändert sich unsere Stimmung an einem Tag, in einer Stunde? Bekomme ich ein aufmunterndes Lächeln geschenkt, hebt sich meine Stimmung sofort und umgekehrt. Emotionen bewegen uns und das unaufhörlich.

Durch Zuneigung und Abneigung für oder gegen bestimmte Emotionen, „frieren“ wir diese Gefühle ein und unterbrechen den Fluss der steten Wandlung. Bewegung wird zur Starre. Wenn etwas starr wird, bricht es leichter. Hier ein Beispiel: haben wir als Kinder erfahren, dass der Ausdruck von Wut unerwünscht ist, so haben wir unterschiedliche Strategien entwickelt, die Wut für uns zu behalten. Nun ist aber die Energie der Wut sehr dynamisch, korrespondierend mit der Energie des Frühlings, und lässt sich nicht einfach ignorieren. Wenn man gelernt hat, die Wut zu unterdrücken, entsteht im Inneren häufig zum einen so etwas wie ein Pulverfass, das nur einen Funken braucht, um zu explodieren. Zum anderen werden mit der unterdrückten Wut auch alle anderen vitalen Lebensäußerungen unterdrückt, was häufig zu der inzwischen weit verbreiteten „Depression“ führen kann.

Stell dir eine Natur ohne den Frühling vor! Ohne die Aggression, die ein Schneeglöckchen braucht, die harte, gefrorene Wintererde zu durchbrechen. Es ist unmöglich. Wir brauchen die aggressive (wertfrei !! ) und bewegende HOLZ Energie, damit wir morgens aufstehen, damit wir unseren Lebensweg gehen, damit wir Ziele erreichen. Ohne den Weg zu gehen, kommen wir nicht zur Freude (FEUER). Ein wärmendes und nützliches Feuer braucht gutes Holz, um richtig brennen zu können!

Emotionen wahrnehmen, ohne sich von ihnen beherrschen zu lassen

Natürlich gibt es neben der Unterdrückung von Emotionen auch das betonte Ausleben. Was in Asien verpönt ist, wird im Westen oft zum Kult der Selbstanbetung. Eine Überidentifizierung mit den Emotionen führt dazu, dass sich Menschen allzu wichtig nehmen und sich selbst damit gerne in den Mittelpunkt stellen. Das gilt für alle Emotionen. Sowohl für den chronisch Trauernden, der kein anderes Gefühl mehr zulässt genauso wie für den Tyrannen, der seine Wahrheit jedem aufdrängt und keine andere Meinung neben sich duldet. Jedes dauerhafte Festhalten oder Ablehnen führt zu Stagnation, was sich auf die Dauer im Körper mit den unterschiedlichsten Symptomen manifestiert. Ich komme noch einmal zum Anfang – Emotionen sind das Salz in der Suppe – es braucht eine angemessene Dosierung. Ohne Emotionen ist das Leben fad und geschmacklos – zuviel Emotionen machen das Leben ungenießbar.

Wie kann ein natürlicher und organischer Umgang mit Emotionen aussehen?

Ein erster Schritt ist das Wahrnehmen der Emotion, wenn sie auftaucht. Das Wahrnehmen ist neutral, ohne Wertung, ob „gute“ oder „schlechte“ Emotion. Alle Emotionen haben ihre Berechtigung da zu sein. Man muss sie auch nicht gut finden, um sie wahrzunehmen. Für wahr nehmen, dass ich wütend oder traurig bin, ist die Anerkennung dessen, was sowieso gerade meine Realität beeinflusst. Das Wahrnehmen erfordert eine beobachtende Instanz im Inneren. Allein durch das Beobachten bin ich weniger mit meiner Emotion identifiziert. Ich bin nicht die Wut oder die Trauer. Sie ist nur ein Gefühl, das mich gerade bewegt. Das Beobachten schafft eine Distanz zwischen der Emotion und meinen (meist) automatischen Reaktionen. Diese Distanz verschafft neue Möglichkeiten des Fühlens, Denkens und Handelns.

Der Volksmund rät einem, bis 10 zu zählen, bevor man auf die Palme steigt. Jener Mensch hat damit bereits eine gewisse Distanz geschaffen. Doch ist das Gefühl damit aus der Welt? Man lernt, sich zu beherrschen, (was durchaus nützlich sein kann!), doch der nächste Trigger kommt bestimmt. Trigger sind sehr nützlich, denn sie zeigen uns, womit wir in Resonanz gehen. Meist sind es innere Wunden, die mit dem Trigger im Außen resonieren. Wunden, derer wir uns mehr oder weniger bewusst sind.

Emotionen sind Lichtleiter

Sie weisen auf die Wunde und die Wunde bringt die Emotionen hervor, damit wir uns ihrer wieder bewusst werden. Emotionen sind die Boten vergessener Botschaften. Es scheint paradox, dass man den Emotionen sowohl Aufmerksamkeit schenken soll als auch sich von ihnen distanzieren. „Der Gerade Weg ist in der Mitte des Paradoxen“. Eine Erkenntnis, die sich sowohl in meiner Arbeit mit Patienten als auch in meinem Leben immer wieder als wahr erweist. Es ist weder das Eine noch das Andere – es ist beides zu gleichen Teilen, es ist die Mitte zweier Pole. Sich der Emotion zuzuwenden, ohne sich von ihr beherrschen zu lassen, sie als Leit-Faden zu nutzen ist der Mittlere Weg. Der Weg, der in die eigene Mitte führt. Emotionen verursachen oft ein körperlich spürbares Unwohlsein. Sich diesem Körpergefühl zuzuwenden, bringt meist Erleichterung und Entspannung. Gib deinem Körper und dem Gefühl die Erlaubnis, dass es sich gerade genau so anfühlen darf. Gib deiner Emotion die Aufmerksamkeit, die du einem weinenden Baby schenkst. Und weil das manchmal gar nicht so einfach ist, kommt hier die Anleitung zur

Übung zum Abbau von emotionalen Spannungen

Du setzt dich bequem aufrecht und atmest ein paar mal tief ein und durch den Mund aus. Lass das gerade Erlebte mit der Ausatmung gehen und nimm durch die Atmung Kontakt mit deinem Körper auf. Akzeptiere den Kontakt.

Nimm dir hierfür einige Atemzüge Zeit.

Dann neige dein Kinn sanft Richtung Brustbein und lenke deine Aufmerksamkeit auf die Vorderseite deines Rumpfes. Gibt es in diesem Bereich eine Stelle, die sich unwohl, gespannt oder schmerzhaft anfühlt? Sollte es davon mehrere geben, suche dir eine Stelle aus und lasse dort deine Aufmerksamkeit verweilen. Ohne zu werten, ohne verändern zu wollen! Dein Atem fließt in deinem natürlichen Rhythmus. Atme immer mal wieder durch den Mund aus – das gibt dem Körper die Möglichkeit, Spannung loszuwerden. Darüber freut sich dein Körper sehr!

Bleibe in der beobachtenden und gelassenen Position. Auf entspannte Weise verweilt deine Aufmerksamkeit an der betreffenden Stelle. Wenn sich die Spannung an jener Stelle gelöst hat, kannst du zu einer anderen gespannten Stelle auf der Rumpfvorderseite wechseln oder die Übung beenden.

Du kannst diese Übung täglich durchführen, sie sollte aber nicht länger als eine halbe Stunde dauern.

Ich wünsche Dir viel Freude und leichtes Gelingen mit dieser Übung. Lass mich gerne an deinen Erfahrungen teilhaben.

https://www.einfach-su.de/ Susanne Erçetin

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Gastbeitrag
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