Alle sind das Schönste
Wir wollen oft das Optimum erreichen. Warum? Eigentlich könnten wir doch unser Herz öffnen und das genießen, was da ist, ohne ständig etwas Besseres zu suchen? Dieser Gedanke kam mir, als ich letztens einen kleinen Straßenhandel abschloss.
Ein Sonntagnachmittag im Sommer. Ich gehe ein kleines Sträßchen bei uns im Dorf entlang, am Ende möchte ich in den Weg abbiegen, der sich von dort aus durch die Felder zum Wald hinauf schlängelt. Seitlich, auf einer gepflasterten Garageneinfahrt, haben sich zwei junge Mädchen auf einer großen, hellblauen Wolldecke eingerichtet. Vor ihnen liegen – adrett dekoriert – Armbänder aus Glasperlen und Muscheln. Sie sehen hübsch aus auf der hellen Decke, fröhlich und sonnig.
Sogar ein mit der Hand beschriebenes Preisschild liegt dabei – die Zahl 1 steht darauf und dahinter 5 Euro. Darunter lese ich, etwas kleiner geschrieben: Ab 2 Stück nur noch 4 Euro. Ich muss grinsen – wird Produkt-Marketing heute schon in der Unterstufe unterrichtet oder haben Mama und Papa da vielleicht mitgeholfen?
Die Armbänder interessieren mich und da eines der Mädchen mich unter ihrem lockigen Haar-Puschel schon erwartungsvoll anschaut, frage ich sie: „Sag doch mal, welches ist denn das Schönste? Das hätte ich gerne.“
Die Antwort der vielleicht 10-jährigen berührt mich: Alle sind das Schönste.
Zack – ein Satz und einfach so ist einem Denksystem aus Hierarchien und Rangordnungen der Boden weggezogen. Wozu sind die eigentlich gut, wer treibt uns an, das Optimum zu suchen oder zu leisten? Und direkt im Anschluss fragte ich mich – wenn „alle das Schönste“ sind – dann sind alle gleichwertig in ihrer trotzdem individuellen Schönheit. An ganz unerwarteter Stelle kam mit diesem Satz (mal wieder) die Einsicht zu mir, dass unsere Wahrnehmung unsere Weltsicht beeinflusst. Wenn ich bei allem, was mir begegnet, was ich sehe, besitze oder beobachte, davon ausgehen könnte, dass es „das Schönste“ ist, wäre ich automatisch frei von Urteilen, Groll, Neid und Missgunst! Oder? Und wir könnten unsere Meinungen, die uns so oft trennen, ganz wunderbar nebeneinander stehen lassen – alle wären richtig und trotzdem hätte jeder und jede seine eigene.
Könnte ich ab sofort in der Lage sein, in jedem Augenblick zu erkennen, dass er das Schönste, der Beste ist, was mir passieren kann? Wenn ich mit dieser Haltung auf das blicke, was mir begegnet, dann könnte zweierlei passieren. Zum einen gebe ich den Widerstand auf, gegen das, was sowieso da ist. Zum anderen entwickle ich eine heitere Achtsamkeit für die scheinbar unbedeutenden und ganz normalen Alltäglichkeiten. Sie alle sind das Schönste – vielleicht auch erst auf den zweiten oder dritten Blick.
An diese Geschichte und an den gewaltigen Satz der jungen Weisen werde ich mich jetzt immer erinnern, wenn ich ihr rot-grünes Armband mit der winzigen Koralle an meinem Arm sehe. Wie ich es dann ausgewählt habe, wollt Ihr wissen? Ich habe die beiden entscheiden lassen, welches Band zu mir passt – ihre Wahl gefällt mir.
Schlussbemerkung: Geschichten-Erzähler und -Erzählerinnen haben es richtig gut. Sie können solche kleinen, besonderen Erlebnisse mit anderen teilen und erleben sie dadurch tiefer. Unsere Erfahrungen werden zum Teil des Feldes. Werden Allgemein-Gut – Allmende. Ich mag diesen Gedanken – wie geht es Euch?
Was für ein schöner Satz: alle sind das schönste. Gut zum Inhalieren, immer wieder! Danke fürs Teilen und für deine Gedanken dazu… Ja, durchs Schreiben und Teilen Erlebens wir’s noch tiefer🙏, was für ein Geschenk. Danke!
Danke für diesen wunderbaren Impuls. 💛
Danke liebe Andrea,
herzerfrischend deine wunderbare Geschichte.
„Alle sind das Schönste. “ ja und manchmal braucht es den 2ten, 3ten Blick 😉
Wunderbar!!! ❤️ Wenn diese junge Weise wüßte, was für Kreise ihr fantastischer Satz zieht…!! ❤️❤️
Vielen Dank für‘s Teilen!!! 🙂🙂🙂