Im Tarotgarten von Niki de Saint Phalle
Endlich habe ich ihn auch einmal betreten: Der Tarotgarten in der südlichsten Toskana ist der majestätische Nachlass der französisch-amerikanischen Künstlerin Niki de Saint Phalle und wurde durch den Park Güell von Antoni Gaudi in Barcelona inspiriert. Es ist die Verwirklichung des magischen und spirituellen Traums ihres Lebens. Der Bau des Gartens dauerte 17 Jahre, von 1979 bis 1996, und wurde komplett durch Niki de Saint Phalle selbstfinanziert und heute von einer Stiftung erhalten.
“Ich entschloss mich dazu, eine Kirche für alle Religionen zu erschaffen. Denn nur wenn wir alle eine Farbe werden, wenn wir uns akzeptieren und nicht Recht haben wollen, wird es eine bessere Welt geben.”
Niki de Saint Phalle: Von Wut zur Freude
Die künstlerische Karriere der 1930 (!) geborenen Niki de Saint Phalle begann mit großer Wut und einem großen Knall Anfang der 1960er Jahre. Sie brachte Kunstwerke mit Schüssen zum Bluten. Erst viel später offenbarte sie, dass diese Wut vor allem die Missbrauchserfahrungen ihrer Kindheit durch ihren Vater transformierten.
„Ich war eine zornige junge Frau, doch gibt es ja viele zornige junge Männer und Frauen, die trotzdem keine Künstler werden. Ich wurde Künstler, weil es für mich keine Alternative gab – infolgedessen brauchte ich auch keine Entscheidung zu treffen. Es war mein Schicksal. Zu anderen Zeiten wäre ich für immer in eine Irrenanstalt eingesperrt worden – so aber befand ich mich nur kurze Zeit unter strenger psychiatrischer Aufsicht, mit zehn Elektroschocks usw. Ich umarmte die Kunst als Erlösung und Notwendigkeit.“
Ganz Skorpion geborene wandelte Niki de Saint Phalle diese Ohnmachtserfahrungen in Selbstermächtigung. Mit den wuchtigen, farbigen Nanas schuf sie Figuren, die “Jippie” sagen und das Leben genießen. Ihre Wut wich der Freude, der Kreativität und einer tiefen spirituellen Abbindung, die im Tarotgarten überall spürbar ist.
Der Tarotgarten
Die 22 Skulpturen, von der Künstlerin inmitten der Mediterranen Macchia verstreut, verkörpern die „großen Arkana“ des Tarots in monumentalen und zum Teil sogar bewohnbaren Figuren (sie selbst wohnte vor Ort in der Kaiserin). Alle Figuren sind handgemacht und mit detaillierten Mosaiken und Keramiken bedeckt.
Einen interessanten Kontrast spielen die dünn förmigen Metallskulpturen vom Künstler Jean Tinguely, dem Ehemann von Niki de Saint Phalle, den einige Jahre vor der Fertigung des Parks gestorben ist. All die Werke bilden eine fantastische Welt, wo jedes Werk als Raum ausgedacht ist. Ein außergewöhnlicher Garten inmitten der toskanischen Landschaft.
De Saint Phalle über Tarot: „Das Leben ist wie ein Kartenspiel; wir werden geboren, ohne die Regeln zu kennen, aber jeder von uns muss mit dem Blatt spielen, das er bekommt.“
Spuren in Hannover
Eine besondere Beziehung hatte Niki de Saint Phalle zu Hannover. Die Aufstellung der drei bunten, voluminösen Nanas aus Polyester am hannoverschen Leineufer 1974 hatte Proteststürme bei einigen HannoveranerInnen ausgelöst, brachte aber auch eine – die erste – lebhafte und tiefgreifende Diskussion über Kunst im öffentlichen Straßenraum.
Seit 1998 arbeitete Niki de Saint Phalle für Hannover an der Neugestaltung der Grotte. Die Ehrenbürgerin der Stadt Hannover verstarb ein Jahr vor der Fertigstellung der beeindruckenden Grotte im Großen Garten. Die von ihr gefertigten detaillierten Pläne und zahlreiche Informationen ihrer Mitarbeiter ermöglichten die Fertigstellung (in) der (neu gestalteten) Grotte. Die Grotte in Herrenhausen ist somit das letzte große Kunstprojekt, das Niki de Saint Phalle vor ihrem Tod im Mai 2002 abschloss. Sie bleibt Hannovers erste und bisher einzige Ehrenbürgerin. Hier ihren Spuren folgen
Mein Gott wie wunderschön die Aufforderung für “Freude” als Kunst! Ja Freude ist , was uns heilt und zusammenfürt! Wunder-voll, möchte sofort in diesen Garten von Niki de Saint Phalle!