Ode an das Schwimmen in Seen

Lesezeit 3 Minuten –

Nie werde ich all die Momente aus jenem Sommer vergessen. All die Male, die ich in vielen verschiedenen Seen geschwommen bin. Die Momente, in denen ich akklimatisiert genug war und mir mit dem rechten Fuß den letzten, nötigen Abstoß gab, um komplett ins Wasser zu gleiten.

Dieser Moment, in dem die Schwerelosigkeit übernimmt. Indem das Wasser meinen Körper trägt und auf sanfte und vertraute Weise umhüllt. Jedes Mal aufs Neue ein tiefes Durchatmen und ein inneres (und äußeres) Lächeln. Tiefe Glückseligkeit durchströmt mich.

Nie werde ich den Zauber vergessen, der mich jedes Mal begleitet hat … all die magischen Momente.

Mal waren es die Wasserläufer (oder Wasserhüpfer), die sich vor mir ein Wettrennen lieferten. Die große Rückenflosse des Karpfens, der sich am Sommerabend im flachen Weiher schon an der Oberfläche zum Schlafen bereit gemacht, und den ich mit meinem leisen Vorbeigleiten wieder geweckt hatte.

Oder die jungen Blesshühner, deren hohes, weiches Gepiepe sanft über die Wasseroberfläche schallte, und mich bei meinen Schwimmzügen begleitete. Der Haubentaucher, der an mir vorbeischwamm, die Beute stolz im Schnabel, sodass es alle sehen konnten, und ans sichere Ufer gebracht.

Der Moment, als ich trotz leichten Nieselregens in den See stieg, begleitet von weichen Regentropfen, die bei jedem Aufkommen auf der Wasseroberfläche wieder ein kleines Stück hochhüpften, um dann endgültig mit dem Wasser zu verschmelzen.

Ich erinnere mich an die Wespe, die hilflos im Wasser trieb, zu weit weg vom Ufer. „Warte Wespe, ich helfe dir. Hier sind doch manchmal Blätter im Wasser …“ Ein Stück weiter sah ich zwei Birkenblätter und schwamm hin, um der Wespe einen rettenden Halt zu bringen. Es war meine erste Wespenrettung im Wasser, und mit so schnellem Erfolg hatte ich nicht gerechnet. Ich schob das Blatt seitlich an sie heran, und ehe ich mich’s versah, hatte sie sich darauf gerollt und flog schon wieder gen Himmel. Nie werde ich all diese Momente vergessen, die sich so mit meinem Herzen verbunden haben.

Den Moment, als ich nach einem Abendschwimmen zufrieden am Ufer saß, die tief stehende, friedliche Abendsonne mir gegenüber, und aus gefühlt blauem Himmel ein kaum merklicher Sprühregen kam, der die Wasseroberfläche in ein endlos glitzerndes Klavierspiel verwandelte.

Den kleinen Marienkäfer, der, wie die Wespe, schon weit weg vom Ufer im See trieb. Den ich auf den Finger nahm und mir kurzerhand auf den Kopf setzte, weil ich keine Lust hatte, seinetwegen zurück zum Ufer zu schwimmen.

Den Geruch nach See auf meiner Haut. Das erfrischte, lebendige Gefühl – jedes Mal nach dem Schwimmen. Das Gefühl, ganz bei mir zu sein. Geklärt, in mir zu Hause.

Die unfassbar schönen Wasserreflexionen, die die tief stehende Abendsonne weich am gegenüberliegenden Ufer erscheinen ließ. Die Frau, die am Uferhang in genau diesem, sich bewegenden Licht saß, puren Frieden ausstrahlend. In ihrem Buch lesend und ihre Kleidung in sanften Farben der Natur, verschwamm sie fast mit dem Sitzplatz und war durch das wabernde Licht gleichzeitig so schön anzusehen. Fast wie eine Erscheinung.

Erneut die Blesshühner, die mit ihrer konkaven Kopfform und der weißen Blesse wie kleine schwarze Araberpferdchen aussahen und sich teilweise auch so verhielten. In einem Moment sah es so aus, als würden sie vor dem Abtauchen noch einen Freudenbuckler machen; im nächsten Moment knabberten sie sich gegenseitig frech mit den Schnäbeln am Hals, ganz so wie es Pferde machen.

All diese Momente und noch viele mehr werden für immer in meinem Herzen sein.

Danke für diesen See-Sommer.

Danke für diesen See-Zauber. ♡

Zu Britta Jacobsen: Ich liebe Veränderung und Bewegung, und gerade ist bei mir vieles im Wandel. Die Liebe zur Sprache, der Poesie und dem Schreiben, sowie die tiefe Verbundenheit zur Natur sind zwei große Konstanten, die auch in dieser spannenden und intensiven Phase Teil meines Lebens sind.“ www.raumfuerdich.be.

Sharing is caring 🧡
Gastbeitrag
Gastbeitrag

Viele wertvolle Gastautorinnen und -autoren unterstützen und schreiben für die newslichter. Informationen zu der jeweiligen Person finden sich am Ende des jeweiligen Artikels

15 Kommentare

  1. Vielen Dank, für diese wunderschöne Ode an das Schwimmen in Seen! Welch ein zauberhafter Genuss beim Lesen mit eintauchen zu dürfen in diese Freude :). Ein Lächeln umspielt meine Lippen und mein Herz … ist erfüllt mit Wärme und Freude. Herzensdanke!, Sabine

    • Ach liebe Sabine, ich danke dir von Herzen für deine Worte. Nun habe ich ein Lächeln im Gesicht. Wie schön, dass du meine Zeilen so fühlen konntest. <3
      Sei lieb gegrüßt

  2. Liebe Britta,
    DANKE DANKE DANKE.
    Für diese Poesie zum Abschied des Sommers. Ich habe die wundervollen Momente wie ein klares Bild mit all seinen Farben, seinen Geräuschen und seinen Bewegungen vor mir.
    Danke dafür und auch, dass ich mich erinnern darf an meine See-Schwimm-Ausflüge in diesem Jahr und das Kribbeln der Vorfreude in meinem Bauch auf das nächste Jahr.
    Von Herz zu Herz.
    Katrin Mühling

    • Liebe Katrin,
      so gerne! <3 Wie schön es ist, die Erinnerungen teilen zu dürfen und damit in anderen etwas zu berühren. So haben wir gerade beide beim Lesen des Textes noch einmal alles vor Augen gehabt und gefühlt. Ich danke dir von Herzen für deine wertschätzenden und verbindenden Worte.
      Ja, von Herz zu Herz
      Britta

  3. Danke für diesen wunderschönen Artikel. Als begeisterte Schwimmerin kann ich ihn sehr nachvollziehen. Ich bin heuer im Sommer alle möglichen Gewässer in der Steiermark durchschwommen: Fluss, Wasserfall, Teich, See, Flussmündung, Freibad. Überall, wo ich war, habe ich mir ein Gewässer gesucht und bin täglich mindestens ein Mal geschwommen. Ein Hoch auf die Erlebnisse im Wasser! Ein Hoch auf das Gefühl danach! Ein Hoch auf das Wasser!

    Herzliche Grüße aus Graz, Elisabeth

    • … und ein Hoch auf uns, dass wir dieses Element so spüren können und lieben, und darüber uns so verbunden fühlen: Mit der Natur, mit Gleichgesinnten, mit uns selbst. <3
      Dein abwechslungsreicher Wasser-Sommer klingt toll und fast bin ich ein bisschen neidisch. Unter einem Wasserfall bin ich noch nie (im Wasser) gestanden oder gar geschwommen. Das muss ein wundervolles Erlebnis sein.
      Danke für deine Sommer-Schwimm-Eindrücke – schön dass wir verbunden sind, auch wenn wir uns (noch) nicht persönlich kennen.
      Alles Liebe zu dir!

  4. Herzensschön – dank dir, Britta für deine köstlichen Fülle an Berührbarkeit, Gegenwärtigkeit, Begegnungen, Genuss! Eigenes Erleben taucht auf und ein und er-innert mich im Lesen. Lächelnde Grüße aus dem Land der tausend Seen, Miriam

    • Ach wie wundervoll, hab vielen Dank für deine tollen und schön gewählten Worte, liebe Miriam! <3 Ich freue mich, dass mein Text auch dir ein Lächeln ins Gesicht (und ins Herz) zaubern konnte. Wundervoll. <3
      Herzliche Grüße nach Skandinavien (?), von einer sich mit Schweden verbunden fühlenden Britta, die nicht ausschließen möchte, dort irgendwann einmal (für kürzer oder länger) zu leben. 🙂

      • … nach meiner ersten Heimat Münchner ist das hier schon hoher Norden. Irgendwie. „Mein“ Land der tausend Seen ist die Mecklenburgische Seenplatte. Mittenmang die Müirtz, drumrum eine traumschöne Vielfalt größerer und kleinerer Gewässer. Verwunschen, seeligmachend ob der „schönen Proportion von Mensch und Natur“. Wie ein lieber Freund so trefflich iformuliert. Auch ihm ist dies Wahlheimat, wie mir.

        • Wie schön du es beschrieben hast, ich hatte gleich ein Bild und Gefühl in mir. Als Kind war ich mit der Familie mal auf einer Rundreise durch die „neuen deutschen Bundesländer“, wie es Anfang der 90er hieß. Da waren wir unter anderem auch an der Mecklenburger Seenplatte. Noch ganz rein und frisch, fast jungfräulich, nach der „Wende“. So echt irgendwie. Ich weiß nicht, welcher Spirit nun dort ist, aber die Landschaft ist definitiv traumschön. Und wenn man, wie du, aus dem Münchener Raum kommt, gibt es als Steigerung hinsichtlich Seen eigentlich nur genau die Region, in der du nun bist. 🙂
          Sei herzlich gegrüßt … und meinen beschriebenen See-Sommer habe ich tatsächlich im wunderschönen Fünfseenland erlebt! 🙂 Den Marienkäfer habe ich aus dem Wörthsee gerettet, das Bild mit dem Steg stammt vom Kirchsee bei Sachsenkam, und die Wespe und der Karpfen sind mir im Ismaninger Eisweiher begegnet. 🙂

  5. Das Mit-Erleben deiner Erfahrungen durch deine berürenden Worte und Bilder hat mich tief erfreut. Auch wenn ich keine Schwimmerin bin, erlebe ich dein Staunen und deine Freude … Danke!

    • So schön, was du schreibst, liebe Dorothee. Danke dir! Auch ich habe das Schwimmen in Seen erst vor wenigen Jahren für mich entdeckt. Und seitdem liebe ich es sehr.
      Alles Liebe zu dir … und ja, Staunen ist sehr schön ausgedrückt. Das hast du sehr passend gefühlt und gewählt.

    • Liebe Gitta, deinen Kommentar habe ich erst jetzt entdeckt.
      So gerne, und ich danke dir für das Berührenlassen. <3

      Ganz wundervoll, dass du das ganze Jahr über baden gehst! Ich schaue jedes Mal neidisch und sehnsüchtig auf Ganzjahresbader … 🙂

      Liebe Grüße, Britta

      • Liebe Britta… kein Grund zum neidisch sein… im Prinzip ist es ganz leicht. Man fängt im Sommer an und hört einfach nicht mehr auf mit dem eintauchen in das kühle Nass. Am Schluss sind es nur noch Sekunden bis wenige Minuten…
        Kneippkur pur … die CoronaZeit hat uns dazu inspiriert 😊
        Herzlichst Gitta

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert