Heiland

Lesezeit 4 Minuten –

Eine Weihnachtsgeschichte von Jutta Hollenbach. „Großvater, warum hat der Advent eigentlich 24 Tage?“ Yara sitzt im Wohnzimmer ihrer geliebten Großeltern und macht ein etwas ungeduldiges Gesicht. „Naja, weißt du, eigentlich ist es ja nur ein Tag. 24 Stunden. Da haben wir sie doch wieder, die Zahl 24, oder nicht?“ Der alte Bruno lächelt verschmitzt. „Vielleicht sind es auch nur 24 Momente.“ Yara stutzt. Sie kann mit dieser Antwort nichts anfangen und fühlt sich nicht sonderlich ernst genommen. Fragend schaut sie zu ihrer Großmutter. Auch die schmunzelt vor sich hin. `Na toll´, denkt die Achtjährige.

„24 Tage, 24 Stunden, oder 24 Momente – es ist nicht wichtig, liebe Yara. Vielmehr geht es darum, dass du dich in dieser Zeit auf das Wesentliche besinnst und das bist du selbst, Liebes. Zweimal zwölf Tage hast du einfach nur für dich. Wenn du das möchtest. Nimm dir die ersten 12 Tage vor, dich in deiner Welt einfach mal genau umzuschauen. Betrachte dein Leben ganz bewusst. Nimm es wahr. Nicht die ganze Zeit, aber jeden Tag einen anderen Bereich deines Lebens. Wie geht es zum Beispiel deinem Körper? Was beschäftigt dich, wenn du an deine Familie, an deine Freunde denkst? Was stört dich an dir, an anderen, was gefällt dir? Was nervt dich? Was tust du gerne, was fällt dir leicht, was nicht? An welchem Ort bist du am liebsten? Mit wem hast du dich in letzter Zeit gestritten? Was hat dich verletzt? An was glaubst du? Was interessiert dich? Was bringt dich zum Lachen und was lässt dich ganz still und friedlich werden? Tag für Tag kannst du dir eine Frage stellen und in deinem Geiste ein Foto von den Situationen machen, die dir in den Sinn kommen. Mach dir im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild davon und klebe es in eine Art inneres Fotoalbum. Da könnte dann beispielsweise ein Foto drin sein von einem Moment, in dem dir etwas echt gut gelungen ist, oder ein Bild von einem Streit, der dir lange nachgegangen ist und immer noch nicht so ganz geklärt ist. Oder es gibt dort ein Foto von einem Land, das dich interessiert. Verstehst du, was ich meine? Ja und wenn du möchtest, kannst du dir sogar ein wirkliches Album anlegen, in dem du dir Notizen machst oder etwas hineinmalst.“

In Yara arbeitet es auf Hochtouren. Tatsächlich hat sie schon einige Ideen, da erklingt die Stimme ihrer Großmutter:

„Die zweiten 12 Tage nämlich, liebe Yara, gehst du mit deinem Album auf eine Reise durch dein inneres Seelenreich. Zwei sehr machtvolle Reisebegleiter werden immer mit dir sein: sie heißen Mitgefühl und Dankbarkeit. Mit ihnen schaust du dir Tag für Tag eine Situation nach der anderen an, die du in den ersten 12 Tagen gesammelt hast. Wenn du dir eine der Situationen ansiehst und spürst, dass sie dir Kummer bereitet, oder dich ärgert, dich unruhig oder schwer macht, so bitte das Mitgefühl um Hilfe. Wenn du magst, kannst du es dir sogar als ein Wesen vorstellen, das dir beisteht. Es könnte so eine Art Schutzengel sein, womöglich aber auch ein Baum, oder ein Tier, das dich beschützt. Vielleicht reicht es aber auch, die Kraft des Mitgefühls einfach nur zu spüren, wie es deinem Körper eine warmherzige Umarmung schenkt. Vertraue dir.“

Yaras Großmutter macht eine Pause und schaut, ob ihre Worte in ihrer Enkelin gelandet sind. Dann spricht sie weiter:

„Für alle freudvollen und wohligen Momente, die du in deinem Album findest, kannst du die Dankbarkeit an deine Seite rufen. Auch sie ist sehr kraftvoll und lässt dich sofort spüren, wie alles noch heller und lebendiger in dir wird, wenn du dich mit ihr beim Leben bedankst. Probiere es aus.“

In Yara formt sich eine Frage: „Wohin wird mich diese Reise denn führen, liebe Großmutter?“

„Mein liebes Kind. Es ist es eine Reise, die dich in dein Herz führt, in dein inneres heiles Land, zu deinem Heiland. Mitgefühl und Dankbarkeit für das Leben in uns erinnert uns am Heiligen Abend daran, dass wir in unserem Herzen heil sind. Und jetzt lass uns ein wenig miteinander singen. Was meinst du Yara?“

Ohne etwas zu sagen, geht Yara zu ihrer Großmutter und lässt sich von ihr in die Arme nehmen. Gemeinsam zünden sie eine Kerze an und singen dem Advent ein Lied.

Jutta Hollenbach www.mensch-sein.net

Sharing is caring 🧡
Gastbeitrag
Gastbeitrag

Viele wertvolle Gastautorinnen und -autoren unterstützen und schreiben für die newslichter. Informationen zu der jeweiligen Person finden sich am Ende des jeweiligen Artikels

2 Kommentare

  1. Herzensschön! Danke, liebe Jutta für dieses anstiftende Entdecken, wie das gehen könnte, ins eigene Licht einzukehren. Helle Freude

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert