Die Zeit des Dazwischenstehens

In der Zeit des Dazwischenstehens, wenn das Alte nicht mehr und das Neue noch nicht ist, tun wir gut daran, nach innen zu lauschen. Die Fragen selbst zu lieben und in uns die Antworten auf die kommenden Zeiten zu finden.
Wenn wir den tiefsten Punkt durchschritten haben, wünschen wir uns meist nichts sehnlicher, als dass sich alles zum Guten wendet. Wir wollen loslegen, ankommen im Neuen, uns wiederfinden im Alltag und endlich wieder Boden unter den Füßen spüren. Doch so schnell geht das nicht. Auch das lehrt uns das Jahresrad. Auf den tiefsten Punkt folgt zunächst eine Zeit des Dazwischenstehens. Wir wissen noch nicht, in welche Richtung wir gehen sollen.
Dabei geschehen die wesentlichen Momente in der Dunkelheit – das Kind wird im Mutterleib gezeugt und wächst dort heran, ebenso wie die meisten Samen in der Erde keimen. Das Wesentliche geschieht sozusagen unsichtbar für das äußere Auge. Wir meinen oft, die Dinge beginnen erst mit dem Frühling – wenn das Kind auf die Welt kommt oder das Pflanzengrün sichtbar die Erde durchstößt. Doch das Eigentliche ist zu diesem Zeitpunkt bereits geschehen. Wir wollen die dunkle, kalte Jahreszeit oft nicht haben, wir haben nur noch einen alltäglichen Bezug zu ihr, ihre Bedeutung im Kreislauf des Lebens ist uns oft nicht mehr bewusst.
Die Fragen selbst zu lieben
Die größte Herausforderung – und Chance – dieser Zeit des Dazwischenstehens ist es wohl, im Nicht-Wissen zu stehen. Nicht-Wissen meint, noch keine Antworten zu haben, noch nicht zu wissen. Und sich zu erlauben, dass es so ist. Erinnerst du dich an Rainer Maria Rilkes Rat an den jungen Dichter? Er riet ihm, die Fragen selbst liebzuhaben, wie verschlossene Stuben oder wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Das ist genau das, worum es geht in dieser Phase: mit den Fragen zu sein.
Gewiss ist, dass die Zeit des Dazwischenstehens der Anfang deines Herzensweges sein kann – oder dich auf ihn zurückführt. Eines Weges, der dir wirklich entspricht und dem du aufgrund deiner Werte und Wichtigkeiten im Leben folgst. So auf dich selbst zurückgeworfen, kann dir bewusstwerden, was wirklich für dich zählt. Eine heilige, besondere, essenzielle Zeit. […]
Auf der Suche nach der Antwort
Es gibt die Geschichte von einer Frau, die auf der Suche nach der Antwort läuft und läuft und sie doch nicht findet. Erschöpft bleibt die Frau irgendwann an einer Kreuzung stehen. Da stolpert plötzlich die Antwort über sie und sagt: Endlich bleibst du stehen. Ich versuche die ganze Zeit, dich einzuholen, aber du bist einfach zu schnell. An diese Geschichte muss ich oft denken, wenn ich selbst wieder zu schnell unterwegs bin und in dieser Zeit des Dazwischenstehens, in der es nichts aktiv im Außen zu tun gibt, direkt loslegen will. Es ist deshalb sehr sinnvoll, dir Zeit und Raum für dich zu nehmen, sodass die Antwort dich finden kann.
Die innere Stimme wahrnehmen
Es gibt eine ruhige, klare, innere Stimme in einem, die den eigenen Weg weist. Sie ist oft sehr fein und kann im Alltagsgeschehen schnell untergehen. Sie wieder wahrnehmen zu lernen, unterstützt dich darin, deinen eigenen Weg zu gehen, unabhängig von den Meinungen, Antworten und Ratschlägen anderer – denn du erlebst dein zuverlässigstes Navi in dir drin. Deine innere Stimme ist verbunden mit deiner innersten Wahrheit. Mit dem, was wirklich für dich stimmt. Ihre Impulse spiegeln wider, was jetzt in deinem Leben für dich dran ist. Das muss nicht unbedingt dem entsprechen, was von dir erwartet wird oder was du dir mit dem Verstand überlegt hast – vielleicht will das Leben ganz andere Wege mit dir gehen. Die innere Stimme weist dir den Weg dahin.
Stimmig durchs Leben gehen
Mit der Zeit wirst du herausfinden, über welchen Sinn du deine innere Stimme besonders deutlich wahrnimmst: Manche Menschen hören ihre innere Stimme so wie einen Menschen, der zu ihnen spricht. Andere wiederum sehen Formen, Farben oder innere Bilder. Wieder andere spüren sie als Empfindung in ihrem Körper. Und wieder andere Menschen erleben sie als ein inneres Wissen.
Ob du sie siehst, hörst, fühlst, um sie weißt – oder sie vielleicht sogar riechst oder schmeckst –, keiner der Sinne ist besser als der andere, es geht nur darum, zu erkennen, welcher Sinn dir entspricht, und deinem Zugang zur inneren Stimme zu vertrauen.
Indem du lernst, (wieder) auf deine innere Stimme zu lauschen, wirst du sie rasch gut von den übrigen Stimmen in dir unterscheiden können. Sie spricht mit dir, ohne Druck zu machen, und lässt dir immer eine Wahl, wofür du dich entscheidest. Du kannst ihr folgen – musst aber nicht. Sie ist wie eine liebevolle Begleiterin, die dir stets den optimalen Weg weisen will, sodass du möglichst entspannt und stimmig durchs Leben kommst.
Zu Hause Zeit für Stille finden
Oftmals gibt es in dieser Zeit des Dazwischenstehens (und der damit häufig verbundenen inneren Unruhe) den Wunsch, die Sehnsucht oder Vorstellung, außerhalb des Alltags zur Ruhe kommen zu können oder kommen zu müssen. Es kann sehr erholsam sein, einige Tage oder länger Auszeit zu nehmen. Doch für viele ist das kaum zu realisieren: Weil Kinder betreut werden müssen, es ein soziales Netz gibt, in das wir eingebunden sind und das uns fordert, oder wir schlicht arbeiten müssen. Die gewohnte Struktur, das Zuhause, die Arbeit, die Menschen um uns können uns auch Halt geben. Es ist sehr unterstützend, im Vertrauten Zeiten für Stille zu finden. Auch wenn uns Bücher, Filme und Berichte über Menschen, die eine lange Auszeit genommen haben als Antwort auf eine große Veränderung in ihrem Leben, häufig sehr beeindrucken und berühren.
Gekürzter Auszug aus dem Buch „Schwellenzeiten – Wandelzeiten: Kraftvoll durch Lebenskrisen gehen“ von Sabrina Gundert, erschienen 2024 im Neue Erde Verlag. Leseprobe und Weiterlesen hier: www.schwellenzeiten.ch
“Zu Hause Zeit für Stille finden“ Es darf auch ganz “einfach“ sein, liebe Sabrina. Dafür danke ich dir von Herzen immer wieder gerne. Dein Buch “Schwellenzeiten“ wandert gerade in meinem Freundeskreis umher. Liebste Grüße!
Vielen Dank an dich, liebe Marianne, für deine Rückmeldung und den Hinweis, dass das Buch Kreise zieht – das freut mich sehr. Möge es jeweils den passenden Menschen gerade erreichen.
Von Herzen, Sabrina
Liebe Sabrina,
vielen lieben DANK für diesen LICHTBRINGENDEN Impuls…
Zu Hause “ STILLE “ finden, zulassen, und schauen wie das Gras wächst, oder „DAS“ geschehen lassen, worauf ich eh‘ keinen Einfluß habe – balanciert mich aus…
Lieben Gruß
Viola
Danke dir für deine Rückmeldung, liebe Viola. Besonders der Aspekt von „balanciert mich aus“ klingt in mir noch nach. Herzlich, Sabrina
Liebe Sabrina,
Vielen Dank für diese wunderbare so auf den Punkt gebrachte Zusammenfassung!
Dein Buch macht mich neugierig, auch für unsere Arbeit mit Menschen im WandelRaum – ich werde es bestellen 🙂
Herzliche Grüße!
Isabel
Liebe Isabel,
ich danke dir von Herzen, dass du das Thema bei euch in den Hof einbringst. Ich war auf eurer Website schauen – sie hat etwas so Heilsames und die Arbeit wirkt zutiefst berührend, stärkend und sein-lassend. Die Erlaubnis zum Winterraum.
Wenn du (oder auch jeder andere) gerne Postkarten oder Lesezeichen zum Buch hätte – darauf ist ein Gedicht, dass an das Lauschen nach Innen in Schwellenzeiten erinnert – dürft ihr mir gerne eine E-Mail senden. Ich gebe ich diese beiden gerne kostenfrei weiter, in der gewünschten Stückzahl. Zum Auflegen, Weiterreichen und Erinnern an die Schwellenzeiten im persönlichen Leben.
Herzensdank für all eure Arbeit,
Sabrina
Liebe Sabrina
Sehr gerne würde ich Postkarten/ Buchzeichen bei unserem offenen Trauertreff auflegen.
Gerade auch in Trauerzeiten sind die Schwellen gross und angsteinflössend. So passt dein wunderbares, hilfreiches Buch bestens zum Thema!
Vielen lieben Dank für dein so wahres Denken, Sprechen, Handeln, Schreiben….einfach für dein So- Gewahr-Sein:)
Herzlichst Irene
Liebe Irene,
das klingt sehr schön mit den Buchzeichen und Postkarten beim offenen Trauertreff. Sende mir gerne einfach eine E-Mail an die unter „Kontakt“ auf der Website angegebene Mailadresse oder über das Kontaktformular. Gilt für alle anderen auch. Ich danke dir fürs Weitertragen und Ermutigen in Schwellenzeiten. Danke für deine Worte.
Herzlich, Sabrina
PS. Hier nochmal der Direktlink für die Bestellung der Lesezeichen/Postkarten: https://www.sabrinagundert.de/kontakt
Herzlich,
Sabrina
Liebe Sabrina,
Immer wieder freu ich mich über Impulse, die durch Deine Texte, die so feinfühlig u gspürig formuliert sind…. in mir weiterklingen!
So manches, wenn es in Worte gefasst wird, macht dann auch nicht mehr so fassungslos…Schwellenzeiten sie gehören zu unserem Leben… um gerade dabei Innehalten zu lernen u die Fühlung zu uns selbst wieder bewußt aufzunehmen!
Danke für Dein Dich zeigen in diesen wunderbaren Texten!
( Ja gerne würde ich auch „ Lesezeichen“ zu Deinem Buch in meiner Praxis auflegen!)
Viel Herzensgspür weiterhin, Margit
Danke Margit, für deine Worte und die Wünsche. Besonders der Satz „So manches, wenn es in Worte gefasst wird, macht dann auch nicht mehr so fassungslos“ – finde ich sehr wertvoll. Weil wir dann benennen können, was mit uns los ist. Wir haben ein Wort für das, was uns passiert.
Sehr gerne kannst du mir deine gewünschte Stückzahl und Postadresse für die Zusendung der Lesezeichen und/oder Postkarten zusenden, einfach per E-Mail an: https://www.sabrinagundert.de/kontakt
Herzliche Grüße und gutes Weggeleit bei den Schwellenzeiten und der Begleitung dadurch dir, Sabrina