Postkolonialismus? Nicht bei Kaffee Kogi

Lesezeit 2 Minuten –

Reproduzieren wir koloniale Produktionsmuster, wenn wir Rohstoffe importieren und die Wertschöpfung im globalen Norden stattfindet? fragte Kleber Cruz, der sehr kompetente Kaffeefachmann der Gepa auf Facebook. Oliver Driver von Urwaldkaffee antwortet.

Blicken wir zurück:

Der Kaffeeanbau in Südamerika ist eng mit der kolonialen Ausbeutungsgeschichte der Region verknüpft. Europäische Kolonialmächte führten Kaffee als lukrative Monokultur ein, oft auf Kosten einheimischer landwirtschaftlicher Praktiken und ökologischer Vielfalt. Die Arbeitskräfte bestanden überwiegend aus versklavten Menschen afrikanischer Herkunft oder später aus verarmten Landarbeiter*innen, die unter extrem ausbeuterischen Bedingungen schuften mussten. Landkonzentration und Ungleichverteilung des Reichtums, die bis heute spürbar sind, wurden in der Kolonialzeit zementiert. Die wirtschaftliche Abhängigkeit vieler südamerikanischer Länder vom Kaffeeexport ist ein direktes Erbe kolonialer Strukturen, die auf die Bedürfnisse europäischer Märkte ausgerichtet waren – nicht auf die nachhaltige Entwicklung der lokalen Bevölkerung.

Ist das bei den Kogi anders?

Ja, absolut – der Kaffeeanbau durch das indigene Volk der Kogi bietet vor dem Hintergrund des kolonialen Erbes eine deutlich andere, kritisch reflektiertere Perspektive. Im Gegensatz zu den kolonialen Strukturen, bei denen Land geraubt, Wälder gerodet und Arbeitskräfte versklavt oder ausgebeutet wurden, basiert das Modell der Kogi auf Selbstbestimmung, ökologischer Nachhaltigkeit und kultureller Kontinuität. Dass der Kaffee wild im Wald wächst und jede Familie nur zwei bis drei Säcke erntet, zeigt, dass es sich nicht um industrielle Monokultur, sondern um eine in die Natur eingebettete, traditionelle Praxis handelt. Der Kaffeeanbau ist hier kein kolonial auferlegtes System, sondern Teil eines selbstbestimmten Lebensstils, der im Einklang mit der Umwelt steht.

Unser Projekt mit den Kogi ist auf Augenhöhe, transparent und fair. Es gibt keine Ausbeutung. Wir achten nicht nur ihre spirituellen und kulturellen Werte, wir lieben sie dafür.

Deswegen kann dieses Projekt als eine Form der dekolonialen Wirtschaftsbeziehung verstanden werden. Es widerspricht der Logik kolonialer Aneignung und Reichtumsumverteilung und stellt stattdessen indigene Souveränität und ökologische Verantwortung in den Mittelpunkt.

Gleichzeitig ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass auch wohlmeinender Handel mit indigenen Gruppen nicht automatisch außerhalb kolonialer Strukturen steht – es kommt stark darauf an, wie die Beziehungen gestaltet sind. Transparente Kommunikation, langfristige Zusammenarbeit und die Achtung der Selbstbestimmung der Kogi sind hier zentral. Wenn das gegeben ist, hat unser Projekt Café Kogi tatsächlich das Potenzial, ein Gegennarrativ zum kolonialen Kaffeeanbau zu bilden.

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