Alter Stahl in neuem Glanz

Foto: Samstag Rad

Im Interview der Inhaber von Samstag-Rad , Christopher Lewis aus München, der alte Stahlräder aus den 50, 60 70iger Jahren „upcycled“ und ihnen neuen Glanz verleiht. Tatjana von Radl-Wadl hat ihn in seiner Werkstatt am Ostbahnhof besucht.

Wer bist Du und woher kommst Du?

Chris: Ich bin seit 22 Jahren in München und komme ursprünglich aus der Werbebranche, habe Filmproduktionen gemacht und hatte zuletzt keine Lust mehr, mir war das alles zu blöd. Mein Traum war es, Künstler zu werden. Ich habe meinen Job einfach gekündigt, das Geld reichte für ein paar Monate…

Foto: RadlWadl

Dann habe ich Bilder gemalt, nach einem halben Jahr habe ich das Erste erfolgreich verkauft. Ich konnte dann ganz gut davon leben. Danach habe ich Medienmanagement studiert und wollte in die Medienbranche zurück, Dokumentarfilme machen. Das wurde aber mit der Finanzierung schwierig.

Und wie kamst Du dann zu den Fahrrädern?

Chris: Ich bin immer schöne und gute Fahrräder gefahren. Und ich wollte etwas Sinnvolles, Kreatives und Nachhaltiges machen. Die Schrotträder, die verlassen auf der Strasse stehen, die nicht mehr geschätzt werden, haben mich dann auf die Idee mit Samstag Rad gebracht. Vor eineinhalb Jahren habe ich dann die ersten Räder gemacht. Denn irgendwann kommen die Leute, die sich erst ein billiges Rad vom Discounter gekauft haben und möchten dann doch ein schönes, nachhaltiges und langlebiges Rad. So eine 3-Gang Schaltung von Sachs ist einfach nicht kaputtzukriegen.
Meine Räder stehen für Individualität, physische und geistige Mobilität und sind auch Kunstobjekte.
rund 30 Rahmen lagern derzeit in der Werkstatt.

Woher bekommst Du Deine Räder? Nimmst Du einfach kaputte Räder mit?

Chris: Nein, das darf man nicht. Meine Quellen möchte ich nicht nennen. Mittlerweile kommen die Leute auch vorbei und bringen mir ihre alten Räder, weil sie wissen, dass daraus schöne Räder gemacht werden.

Warst Du mal auf dieser Radversteigerung vom Fundamt München?

Chris: Ja, war ich. Da sind rund 400 Leute. Und die schönen Räder bekommt man dort auch nicht.. Victoria Fahrräder aus den 50igern tauchen auf der Versteigerung nicht auf. Und ein Fahrrad aus den 80igern oder 90igern, das ich selbst nicht probegefahren bin, bringt mir nichts.

Wenn Du dann so ein Rad hast, wie geht es weiter?

Chris: Ich baue die Räder auseinander, lasse den Rahmen lackieren, reinige die restlichen Teile und setze das Rad im Anschluss wieder zusammen, das ist ein sehr spannender Prozess. Ich verwende immer nur Originalteile, daher haben meine Räder z.B. keinen Nabendynamo.

Wie lange dauert das ungefähr,  was genau kriegt man jetzt bei Dir und was kostet es?

Foto: Samstag Rad

Chris: Meine Arbeitszeit pro Rad beträgt ca. 20 Stunden. Du kannst jetzt entweder ein Rad haben, das schon fertig ist, die gibt es schon ab 800 Euro oder wir erarbeiten gemeinsam mit einer künstlerischen Beratung Dein spezielles Fahrrad, das kostet dann so ab 1.700 Euro. Ich finde den Begriff des „customizens“ aus der Autobranche (PKWs online konfigurieren) und Massenware bzw. Standardkomponenten, einfach lächerlich. Da sind doch keine echten Unikate.
Ich möchte, dass die Leute zu mir in die Werkstatt kommen und von mir beraten werden, welches Rad zu ihnen passt. Wofür wird das Rad genutzt? Was ist das für eine Person, die das Rad haben möchte? Welcher Rahmen, welche Grösse, welche Farbe? Wie sollen Sattel, Griffe und Pedale aussehen? Ich arbeite mit einem Sattler zusammen, der macht auch einen goldfarbenen Schlangenledersattel. Und die Pedale können auch farbig eloxiert werden. Sogar die Pedalseitenplatten können separat gestaltet werden. Das ist Customizen!
Samstag-Räder sind Unikate, so ein Rad findest Du kein zweitesmal. Ich möchte, dass meine Kunden eine besondere Beziehung zu ihrem Rad aufbauen. Für ein speziell angefertigtes Rad muss man dann auch ein Monat Geduld haben.

Lieber Chris, vielen Dank für das Gespräch.

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Ein Kommentar zu “Alter Stahl in neuem Glanz
  1. Super idee! Habe mein altes verrostetes zum Schrott gebracht…500 m vom Indischen Ozean wohnen hat auch seine Nachteile…

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