Rücklicht: Als der Bodensee zugefroren war
Vor 50 Jahren fror der Bodensee zum vorerst letzten Mal vollständig zu. Dieses als „Seegfrörne“ bekannte Naturschauspiel soll sich am Bodensee bisher 35 Mal ereignet haben. Die früheste bekannte „Gfrörne“ kann man nach Aufzeichnungen von Chronisten bis auf das Jahr 875 zurückverfolgen, jedoch gibt es erst seit dem 13. Jahrhundert verlässlichere Quellen. Das Zufrieren des kompletten Sees wird als Naturwunder erfahren, da es insbesondere in den letzten beiden Jahrhunderten nur selten stattfand.
Zwei Gruppen junger Männer aus der badischen Gemeinde Hagnau brachten am 6. Februar als erste den Mut auf, den zugefrorenen Bodensee zu überqueren. Aus den Erzählungen der „Erstüberquerer“ spricht die ständig präsente Bedrohung, da sie nicht sicher sein konnten, dass das Eis auch halten würde. In den folgenden Tagen wagten es immer mehr. Schließlich gab es 15 offiziell freigegebene Routen über den Bodensee, zum Teil mit Tannenreisig markiert. Weitere 12 wurden auf eigene Gefahr genutzt. Der Weg über das Eis erfolgte zu Fuß, auf dem Fahrrad, Motorrad, mit Kleinwagen und selbstgebauten Fahrzeugen. Am Wochenende vom 2. und 3. März zog es bei Sonnenschein Zehntausende auf den gefrorenen Bodensee.
Das Ereignis lebt in den Erinnerungen und Kontakten der Anwohner bis heute fort. Der gefrorene See schlug im wahrsten Sinne des Wortes eine natürliche Brücke zum benachbarten Ufer, hob damit kurzzeitig das Gefühl des Trennenden auf und ließ neue Freundschaften zwischen Deutschen und Schweizern entstehen, di bis heute halten.
Den Höhepunkt der Gfrörne stellte die sogenannte Eisprozession am 12. Februar 1963 dar. Dabei wurde eine hölzerne Büste des Heiligen Johannes in einem festlichen Zug von einem zum jeweils anderen Seeufer getragen wird und dort bis zur nächsten Seegfrörne verbleibt. Ob sich diese jedoch vor dem Hintergrund der globalen Erwärmung noch einmal ereignen wird, bleibt fraglich. Wohl auch aus diesem Grund spielt die letzte Seegfrörne bis heute eine bedeutende Rolle im Gedächtnis der Bodenseeregion.
Erst ab dem 10. März 1963 setze Tauwetter ein und das Jahrhundertereignis war zu Ende.
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