Ein Manifest für Faule

Von Leo Babauta. Ein jeder ist mal faul, dann und wann. Klar, einige von uns werden von Faulheit öfter befallen als andere. Einmal sagte mir meine Mutter (die immer hart gearbeitet hat), dass sie faul sei und brachte dann am Ende doch die Arbeit hinter sich. Ich antwortete ihr: „Mama, das ist keine Faulheit! Das ist das genaue Gegenteil!“ Faulheit wird zumeist als eine schlechte Sache angesehen, aber ich bin da anderer Meinung. Trägheit ist eine fantastische Sache. Hier nur einige Gründe, warum:

1. Trägheit zeigt dir, dass dein Körper und dein Geist müde sind und dass sie eine Pause brauchen. Das deutet darauf hin, dass du tatsächlich innehalten solltest. Wenn du diese Anzeigen übergehst, führt es über kurz oder lang zum Burnout. Also sei faul, und fühle dich gut dabei.

2. Faulheit weist darauf hin, dass du nicht zu hart arbeiten willst – was oftmals dazu führt herauszufinden, wie du deine Ziele mit weniger Arbeitseinsatz erreichen kannst.

Fast alle technischen Fortschritte entstammen der Faulheit: Wir nutzen Autos anstatt zu laufen, wir nutzen Waschmaschinen, weil wir zu faul sind, unsere Wäsche von Hand zu waschen, wir benutzen Computer, weil es anstrengender ist Dinge handschriftlich auszuformulieren. Klar, die Abhängigkeit von Maschinen ist keine gute Sache. Aber Faulheit zu nutzen, um bessere Wege herauszufinden wie wir Dinge tun können, ist eine gute Sache.

3. Faule Menschen fangen keine Kriege an. Wer will schon all den Ärger der Kriegsführung auf sich nehmen? Frieden und Freundlichkeit sind viel einfacher.

„Einfache Produktivität“ ist seit Anbeginn ein Schlagwort der zenhabits … und heute will ich Gründe darlegen, warum „Tu weniger“ einer meiner vier Grundsätze ist und warum eine solche Leitlinie die ultimative Erweiterung einfacher Produktivität ist.

Tu weniger: Der Schlüssel zu einfacher Produktivität

Es mag widersprüchlich scheinen, dass weniger zu tun bedeuten kann, produktiver zu sein. In der Tat: Wenn du „produktiv“ als „mehr erledigt kriegen“ oder „mehr schaffen“ definierst – „tu weniger“ führt nicht zu dieser Art von Produktivität. Aber wenn du Produktivität stattdessen als einen Weg ansiehst, das meiste aus deinen Handlungen und aus der Zeit herauszuholen oder so effektiv wie möglich zu sein, dann ist „tu weniger“ der beste Weg.

Bedenke: Ich kann den ganzen Tag in einer Blase frenetischer Aktivität arbeiten, um doch nur wenig zu erreichen, insbesondere, wenn es um dauerhafte Veränderungen geht. Oder ich kann nur einige Dinge tun, die in einer Stunde erledigt sind, aber bei diesen handelt es sich um Schlüsselhandlungen, die zu wirklichen Ergebnissen führen. Hier tust du weniger, doch du bringst in kurzer Zeit mehr hervor.

Nehmen wir das Beispiel eines Bloggers: Ich kann ein Dutzend Beiträge schreiben, die wirklich nichts sagen, bedeutungslos sind, aber meinen ganzen Tag in Beschlag nehmen … oder ich kann einen Beitrag schreiben, der tausende von Menschen erreicht, der wirklich das Herz der Leben meiner Leser berührt und von mir in eineinhalb Stunden geschrieben ist. Ich habe weniger getan, aber habe dafür gesorgt, dass meine Worte und meine Zeit bedeutsam werden.

Wenn du faul bist, so wie ich es oft bin, dann ist die Wahl einfach: Tu weniger.
Aber sei schlau: Tu weniger, doch sorge dafür, dass jede Handlung zählt. Versende weniger E-Mails, aber sorge dafür, dass sie von Bedeutung sind. Schreibe weniger Worte, aber lass jedes einzelne Wort essentiell sein. Erwäge wirklich die Auswirkungen jeder Handlung, die du unternimmst, und halte danach Ausschau, ob du einige der Handlungen eliminieren kannst. Schau, ob du eine größere Wirkung erzielen kannst indem du weniger tust.
Das bedeutet nicht, dass „weniger mehr ist“. Es bedeutet „weniger ist besser“.

Tu weniger – in Allem und Jedem

Aber „tu weniger“ bedeutet mehr, als produktiv zu sein. Es berührt das Wesen all dessen, was wir tun, das Wesen unserer Gesellschaft. „Tu weniger“ ist in der Tat ein Zwei-Wort-Manifest für das Leben.
So kann das Zwei-Wort Manifest „tu weniger“ alles verändern:

1. Kaufe weniger. Wenn du weniger Geld ausgibst, weniger einkaufst, weniger erwirbst, dann wirst du weniger besitzen und weniger brauchen, weniger Schulden haben, deine finanzielle Lage ist besser, du hast weniger Krempel und mehr Zeit für Dinge, die wirklich wichtig sind.

2. Arbeite weniger geschäftig. Anstatt herumzurennen und eine Menge kleiner Dinge zu erledigen – schalt mal runter, slow down. Tu weniger. Lebe ein ruhigeres, friedlicheres Leben. Begnüge dich damit zu sitzen und nichts zu tun. Entspanne dich ein wenig. Lächle und sei glücklich.

3. Manage weniger. Wenn du verantwortlich für andere bist, ob als Manager, Geschäftsführer oder als Eltern … je weniger du tust, um so besser. Viele Menschen über-organisieren oder über-behüten. Das lässt ihren Mitarbeitern oder Kindern sehr wenig Freiraum, Raum für Kreativität, Raum für sich selbst zu lernen, für gelingen und scheitern. Je weniger du tust, um so mehr werden andere herausfinden, wie sie Dinge tun können. Tu wenig um zu führen und lehren, halte dich die meiste Zeit zurük und lass sie sein.

4. Kommuniziere weniger. Weniger sprechen, weniger brüllen, weniger Rumdiskutiererei, weniger E-Mails und Instant Messaging und Twittern, weniger Telefonanrufe. Obwohl ich denke, dass Kommunikation extrem wichtig ist und einer der Schlüssel zu jeder Beziehung sein sollte, denke ich auch dass wir sie oft überstrapazieren. Vor allem, da das meiste davon ein Auf-den-anderen-Einplappern wird, mit tatsächlich nur wenig Zuhören. Es ist Lärm. Lass Stille in dein Leben Einzug halten. Lass Stillheit unseren Geist durchdringen. Wenn du kommunizierst, lass es zählen, sei aufrichtig, herzlich und echt. Und mehr noch, als dass du selbst sprichst: Höre zu. Lass jede E-Mail zählen. Nutze Instant Messaging nur, wenn es notwendig ist. Verbringe weniger Zeit am Telefon, mit Twittern, am Blackberry oder IPhone und mehr Zeit mit Menschen, mehr Zeit mit dir selbst, mehr Zeit in diesem Moment.

5. Klage und kritisiere weniger. Ich werde nicht darüber schwadronieren, wie sehr diese Dinge dich und die Menschen um dich herum herunterziehen können … stattdessen will ich nur sagen: Wenn du diese beiden Sachen seltener machst, wäre dein Leben besser. Zugegeben – wir alle tun es! Ich tue es und ich versuche es weniger zu tun. Sei stattdessen freundlicher, schule dein Mitgefühl, versuche zu verstehen, zu akzeptieren und zu lieben.

6. Plane weniger, sorge dich weniger, mache dir weniger Gedanken um die Zukunft. Verbringe mehr Zeit im Moment. Wir machen uns zu viele Sorgen, und das tut uns nicht gut. Wir denken über Dinge nach, die nicht eingetreten sind, anstatt über das, was genau jetzt passiert. Und während ein gewisses Maß an Planung notwendig ist, ist zu viel davon Zeitverschwendung – es gibt keinen Weg, die Zukunft vorauszusagen, und jedes kleine Ding kontrollieren zu wollen das passieren wird ist aussichtslos. Lerne, mit Lauf der Dinge zu folgen, halte nach Gelegenheiten Ausschau, erkunde den natürlichen Verlauf der Dinge, und tue was es im Moment braucht. Du kannst Ergebnisse nicht kontrollieren, aber wenn du lernst, fließender zu arbeiten (anstatt Plänen rigide zu folgen), vermagst du Ergebnisse zu erreichen, die gut sind.

7. Urteile und erwarte weniger. Ich versuche zu lernen, Akzeptanz mehr Raum zu geben. Und das bedeutet, dass ich weniger urteilend sein muss, damit aufhörend, Erwartungen an Alles und Alle zu haben. Wenn du keine Erwartungen hast und Dinge nicht beurteilst, kannst du sie akzeptieren. Und Akzeptanz führt zu Frieden, führt zu Glück. Wenn du also bemerkst, dass du urteilst, denke „urteile weniger“. Wenn du bemerkst, dass du erwartest, dass sich jemand in einer bestimmen Art und Weise verhalten soll, denke „erwarte weniger“. Menschen werden dich auf diese Art weniger Enttäuschen, weil du lernen wirst, sie so zu nehmen, wie sie sind, und lernst, dass sie nahezu perfekt sind, so wie sie sind.

“Sei zufrieden mit dem, was du hast; erfreue dich an der Art, wie die Dinge sind. Wenn du erkennst, dass nichts fehlt, gehört dir die ganze Welt.” – Lao-Tze

Diesen Artikel veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung von www.52wege.de. Der Beitrag wurde erstmals auf seiner Website zenhabits.net veröffentlicht. Sein täglicher (englischsprachiger) Newsletter bietet eine Vielzahl von wertvollen Anregungen. Übersetzung: Dirk Henn.

 

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Ein Kommentar zu “Ein Manifest für Faule
  1. peter rammsauer sagt:

    ja man foll babo

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