Der Mechanismus des Loslassens
Von David R. Hawkins. Beim Loslassen geht es darum, die Emotion zur Kenntnis zu nehmen, ihr zu erlauben, an die Oberfläche zu kommen, mit ihr zu verweilen und ihr zu erlauben, ihren Lauf zu nehmen ohne den Wunsch zu hegen, sie verändern zu wollen oder irgendetwas gegen sie zu unternehmen. Loszulassen bedeutet einfach, dem Gefühl zu erlauben, da zu sein, und sich darauf zu konzentrieren, die Energie hinter dem Gefühl herauszulassen. Der erste Schritt ist, dir zu erlauben, die Emotion zu haben, ohne ihr zu widerstehen, sie auszuagieren, sie zu fürchten, sie zu verdammen oder moralisch zu verwerfen.
Es bedeutet, jede Beurteilung fallen zu lassen und zu erkennen, dass es nur ein Gefühl ist. Die Technik besteht darin, mit der Emotion zu verweilen und alle Bemühung, sie in irgendeiner Form modifizieren zu wollen, aufzugeben. Lass los, dem Gefühl widerstehen zu wollen. Es ist der Widerstand, der das Gefühl fortbestehen lässt. Wenn du es aufgibst, dem Gefühl zu widerstehen oder es modifizieren zu wollen, wird es sich auf das nächste Gefühl verlagern und von einer angenehmeren Sinnesempfindung begleitet werden. Ein Gefühl, dem nicht widerstanden wird, wird verschwinden, weil die Energie dahinter sich verflüchtigt.
Wenn du mit dieser Methode beginnst, wirst du bemerken, dass du Angst oder Schuld dabei empfindest, überhaupt Emotionen zu haben; es besteht ein Widerstand gegen Gefühle im Allgemeinen. Gefühle hochkommen zu lassen wird dadurch vereinfacht, dass man zuerst die Reaktion darauf loslässt, überhaupt Gefühle zu haben. Ein Paradebeispiel dafür ist eine Angst vor der Angst selbst. Lass zuerst die Angst oder Schuld los, die du darüber empfindest, dasjenige Gefühl überhaupt zu haben. Erst danach begib dich in das Gefühl selbst.
Wenn du loslässt, dann ignoriere alle Gedanken. Konzentriere dich auf das Gefühl selbst, nicht auf die Gedanken. Gedanken sind endlos und selbstverstärkend, und sie erzeugen nur weitere Gedanken. Gedanken sind lediglich Rationalisierungen des Verstandes, um zu versuchen, die Anwesenheit des Gefühls zu rechtfertigen. Der wahre Grund einer Emotion ist der angesammelte Druck hinter ihr, der sie dazu zwingt, in diesem Moment hochzukommen. Die Gedanken oder die externen Geschehnisse sind nur ein Vorwand, den der Verstand erfunden hat.
Werden wir mit dem Mechanismus des Loslassens mehr vertraut, bemerken wir, dass alle negativen Gefühle mit unserer Grundangst bezogen aufs Überleben in Verbindung stehen. Auch werden wir feststellen, dass alle Emotionen nur Überlebensprogramme sind, die dem Verstand als notwendig erscheinen. Die Technik des Loslassens macht diese Programmierung schrittweise ungeschehen. Durch diesen Prozess werden die den Gefühlen zugrundeliegenden Motive mehr und mehr sichtbar gemacht.
Ergeben zu sein [Anm. d. Ü: keinen Widerstand mehr zu leisten/to be surrendered] bedeutet, keine starken Gefühle gegenüber einer Sache zu haben: „Es ist in Ordnung, wenn es geschieht, und es ist in Ordnung, wenn nicht.“ Sind wir frei, hat ein Loslassen von Anhaftungen stattgefunden. Wir können uns an etwas erfreuen, doch wir brauchen es nicht für unser Glück. Schritt für Schritt verschwindet das Abhängigsein von irgendwas oder irgendjemandem außerhalb von uns. Diese Grundsätze stehen im Einklang mit der grundlegenden Lehre Buddhas, nämlich Anhaftung an weltliche Phänomene zu vermeiden, als auch mit der Lehre Jesu Christi „in der Welt zu sein, aber nicht von ihr.“
Zum Buch: Loslassen – Der Pfad widerstandsloser Kapitulation beschreibt eine Methode, die jederzeit im Alltag angewendet werden. Das Buch ist gleichermaßen für alle Bereiche des menschlichen Lebens nützlich: für Gesundheit, Kreativität, wirtschaftlichen Erfolg, emotionale Heilung, berufliche Erfüllung, Beziehungen, Sexualität und spirituelles Wachstum. Es ist ein außerordentlich wertvolles Hilfsmittel für alle Berufsgruppen, die in den Bereichen psychischer Krankheiten, Psychologie, Allgemeinmedizin, Selbsthilfe, Sucht und spiritueller Entwicklung tätig sind. Hier beim Sheema Verlag bestellen.
Zur Person: Dr. David Hawkins (1927 – 2012) praktizierte seit 1952 Psychiatrie und ist ein lebenslanges Mitglied der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung sowie zahlreicher anderer Berufsorganisationen. Im landesweiten US-amerikanischen Fernsehen trat er in den Sendungen The McNeil/Leher News Hour, The Barbara Walters Show, The Today Show auf, und wirkte in wissenschaftlichen Dokumentationen und bei vielen anderen Projekten mit. Mehr hier.