Nicht mehr und noch nicht…

Foto: Sabrina Gundert

Von Sabrina Gundert. Als ich heute durch den Park nahe meiner Wohnung spazieren gegangen bin, wurde sie mir so richtig bewusst. Jene Zwischenzeit, in der wir uns gerade befinden. Da waren die Hagebutten, die gefallenen Blätter und ersten Eicheln. Und da waren die noch intensiv rosa-pink blühenden Rosen, die Korn- und Sonnenblumen in der Bienenweide am Wegesrand.

Zwischenzeiten
Es ist jene Zeit des Dazwischens, in der der Sommer nicht mehr und der Herbst noch nicht da ist. Dabei war mir die vergangenen Tage vor allem eines aufgefallen: Es wurde früher dunkel, war kälter draußen und auf einmal war ich wieder lieber drinnen als draußen vor der Türe.

Ich spürte den ersten Frust, den Unmut über die nahende Herbstzeit, die kürzer werdenden Tage. Doch erst heute merkte ich, wie wenig ich sie wirklich spürte, jene Übergangszeit, und vielmehr vor allem im Kopf über sie nachdachte. Als ich jetzt, hier draußen im Park, begann, mich wirklich auf sie einzulassen, fing mein Blick auf sie sich an zu wandeln – und ich mich mit ihm.

Mich bewusst einlassen
Meine Füße trugen mich spontan zu den Hagebuttensträuchern und ließen mich einzelne Früchte mitnehmen. Ich sammelte Eicheln, noch grün und schon braun, nahm auch eine Wicke, eine pink-weiße Blume, vom Feldrand, der bald hinter dem Park beginnt, mit.
Ich spürte, wie diese Zwischenzeit auf einmal begann Sinn zu machen, indem ich mich auf sie einließ. Wie ich etwas von ihrer Qualität mit mir nahm, indem ich mich mit ihr verband. Ja, mir dieser Zwischenzeit überhaupt erst einmal bewusst wurde.

Übergangszeiten in unserem Leben

Jene Zwischen- und Übergangszeiten, denen wir in der Natur mit ihren Jahreszeiten begegnen, kennen wir auch aus unserem Leben. Da sind Hochzeit, Geburt und Tod, als die großen Übergänge, die wir bewusst feiern.
Darüber hinaus nehmen wir die kleineren Übergangszeiten unseres Lebens oft jedoch gar nicht mehr bewusst wahr. Wir merken zwar: das Alte trägt nicht mehr, das Neue ist noch nicht da. Wir spüren: Da läuft etwas unrund, beginnt sich zu wandeln, wir können es noch nicht greifen – und wissen doch oft nicht, was wir weiter mit diesem Bemerken tun sollen.

Es gibt nichts zu tun

Ich spüre immer wieder eine gewisse Einsamkeit, wenn ich in solch einer Dazwischenzeit stehe. Denn auf einmal ist da gefühlt nichts mehr, was mich trägt. Nächste Schritte sind noch nicht möglich, weil einfach noch nicht da. Ich kann zwar viel im Außen tun, weiß aber eigentlich, dass es gerade nichts bringt, weil es einfach noch nicht dran ist.

Zudem gibt es wenige Bücher, wenige Menschen, mit denen ich jenes Dazwischenstehen bewusst teilen kann, mich in ihm gesehen fühle. Ja, ich glaube, uns ist in der Gesellschaft insgesamt das bewusste Sehen, Wertschätzen und Feiern dieser Dazwischenzeiten – die Wahrnehmung dafür, dass es sie überhaupt gibt, dass sie Teil des Lebens sind – recht abhanden gekommen.

Der Wert der Schwellenzeiten

Dabei liegt gerade in jenen Schwellenzeiten ein besonderer Wert. Wie ein Nullpunkt, ein Schwangergehen mit etwas Neuem, das noch in die Welt geboren werden will. Hier können wir Lauschen auf das Neue, uns innerlich auf es einstimmen, Kraft tanken und wieder ganz nah ranrücken an das, was uns wirklich wichtig ist im Leben, an unseren Kern, unsere Essenz.

Für mich sind es Zeiten, in denen ich viel singe, Texte lese, die mich stärken und die von jenen Dazwischenzeiten erzählen. Zeiten, in denen ich schreibe und male, still bin und tanze, in die Natur gehe. In denen ich bewusst Platz nehme in tragenden Gruppen, mich auch einzeln immer wieder begleiten lasse. In denen ich mit kleinen Ritualen bewusst jene Zeit des Dazwischenstehens feiere, da bin mit allem, was ist, und erlaube, dass es sich (und ich mich) wandeln darf.

Zur Person: Sabrina Gundert begleitet Frauen mit ihrem neuen Angebot der „Schwellenzeit“ bewusst in jenen Zeiten des Dazwischenstehens. Dadurch bekommen diese Zeiten einen neuen Wert: Was ist, darf sein, was sein darf, wandelt sich. Antworten und neue Wege können sich zeigen, was noch in Unruhe ist kann zu einem tiefen Frieden finden. Mehr zur Schwellenzeit hier.

Sharing is Caring 🧡
Posted in Lichtübung Verwendete Schlagwörter:
6 Kommentare zu “Nicht mehr und noch nicht…
  1. Almut Lichte sagt:

    Liebe Sabrina Gundert,

    wieder einmal sind Deine wunderbaren Worte so wohltuend wahr, auch für mich.

    Danke und herzliche Verbundenheit mit
    Almut

  2. andrea sagt:

    ich hadere auch gerade. danke für den feinen impuls.

  3. Sabine Herm sagt:

    ich liebe deine Texte..sind wie aus meinem Herzen und dem, was gerade ist.

    danke!

    Sabine

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Dein Kommentar wird nach der Prüfung freigeschaltet. Bitte beachte, Einschätzungen und Meinungen in Ich-Form zu formulieren und die AutorInnen zu wertschätzen. Nicht identifizierbare Namen (Nicknames), Kommentare ohne erkennbaren Bezug auf den Inhalt des Artikels und Links zu nicht eindeutig verifizierbaren Seiten bzw. zur Eigenwerbung werden grundsätzlich nicht freigeschaltet.