Mama Mutig und das Frauendorf in Afrika

Was für eine Traurigkeit liegt in diesen tiefen, schwarzen Augen. Und mit was für einer Kraft Rebecca Lolosoli trotzdem ein Dorf für verfolgte Frauen in Afrika erbaut hat. So ist sie mir ein Vorbild, gegen alle Widerstände, trotz aller Gewalt und aller Verletzungen weiter zu gehen. Ich durfte sie letzte Woche bei einem Vortrag persönlich kennenlernen. Wir sind der gleiche Jahrgang 1962 , aber  diese Frau scheint schon mehrere Leben hinter sich zu haben.

Eine starke mutige Frau geht ihren Weg
Rebecca Lolosoli ist die Tochter eines Samburu-Chiefs in Kenia. Obwohl in ihrer Kultur nicht für Mädchen vorgesehen, wird sie selbst von ihrem Vater zum Chief erzogen. Sie hat Glück. Italienische Missionare kommen ins Dorf und unterrichten die Kinder der Samburu, auch die Mädchen. Rebecca wird mit 9 Jahren eingeschult und lernt lesen und schreiben. Aber mit 13 wird Rebecca beschnitten und stirbt fast an den Folgen der Beschneidung. Das traumatische Erlebnis prägt sie für immer. Sie müsste eigentlich stolz sein, weil sie jetzt eine richtige Frau ist, doch sie fühlt sich niedergeschlagen und erholt sich erst sehr langsam.

Nach ihrer Heirat mit Fabian Lolosoli, einem Mitglied im Rat der Samburus, gründet Rebecca einen Laden, der sich zur Anlaufstelle für Frauen in Not entwickelt. Dort lernt sie auch Nagusil kennen, die nach einer Vergewaltigung verstoßen wurde, mit der sie gemeinsam beschließt, ein Dorf nur für Frauen zu gründen: Umoja. Umoja bedeutet Einheit und steht für den Zusammenhalt der dort lebenden Frauen. Dieses Dorf ist ein Zufluchtsort für Frauen mit ihren Kindern, die ein gewaltfreies, selbstbestimmtes Leben führen wollen, ohne häusliche Gewalt, Vergewaltigung, Zwangsverheiratung und Genitalverstümmelung (FGM).

Der Anfang ist schwer, sie müssen 1000 Euro für das Land zahlen. Dieses Geld wird erst mühsam durch den Verkauf von Schmuck an Touristen verdient. Doch Stück für Stück wächst das Dorf. Die Frauen leben nach den Regeln, die sich selbst erarbeitet haben. Männern ist es verboten, im Dorf zu leben.

Ihren Kindern bringen sie bei, Frauen mit Respekt zu begegnen und dass Mädchen und Frauen gleichberechtigt sind. Umoja ist nicht nur ein Zufluchtsort, Umoja bedeutet Veränderung!

Doch die Männer der Samburus werfen Rebecca vor, ihre Frauen gegen sie aufzuhetzen. Nachdem Rebecca zusammengeschlagen wird, weigert sich ihr Mann, sie zu verteidigen – woraufhin Rebecca ganz nach Umoja zieht.

Zuerst wird ein Kindergarten gebaut. Beatrice, eine junge Frau, betreut die Kinder der im Dorf lebenden Frauen. Wie so viele andere war auch Beatrice mit einem viel älteren Mann zwangsverheiratet. Rebecca wird auf internationale Konferenzen eingeladen und wirbt dort für Umoja. In Workshops lernen die Frauen, dass sie Rechte haben. Langsam werden sie immer selbstbewusster.

Die Frauen errichten einen Campingplatz mit fünf Hütten direkt am Fluss mit einem Zeltplatz. Die Touristen sind fasziniert vom Samburu-Schmuck. Durch einen persönlichen Kontakt zu einer amerikanischen Künstlerin wird der Schmuck sogar bis in die USA verkauft. Langsam bessert sich die wirtschaftliche Situation der Frauen. Alles scheint richtig zu sein.

Doch es ist nicht einfach, als Samburu-Frau geschieden zu werden. Rebecca wird vom Anwalt ihres Mannes in einem Provinzgerichtssaal in Isiolo einem scharfen Verhör unterzogen. Mit seinen bohrenden Fragen will er sie in Widersprüchlichkeiten verstricken. Dadurch will er die Gewalt in der Ehe verharmlosen. Es wird klar, dass für den traditionsbewussten Ehemann eine Scheidung einer Niederlage gleich kommen würde.

Nach langen und quälenden Gerichtsverhandlungen wird Rebecca am 29.12.2010 geschieden und 2013 gewannen die Frauen von Umoja auch die Gerichtsverhandlungen bezüglich des Landes – es ist jetzt endgültig auf den Namen der Frauengruppe eingetragen.

Inzwischen wurde Rebecca Lolosoli weltweit zu internationale Konferenzen eingeladen und wurde mehrfach für ihre einzigartige Arbeit ausgezeichnet. Sie bewarb sich als erste Frau für ein politisches Amt und verlor bei den Wahlen nur knapp. In Umoja gibt es eine Schule und in Deutschland hat sich ein Freundeskreis gebildet, durch den Rebacca auch jetzt wieder in Deutschland zu Vorträgen unterwegs war.

Den ganzen Lebensbericht hier lesen.

Elske und Rebecca

Mein persönlicher Eindruck
Für mich war der Kontakt mit Rebecca magisch. Eine Freundin schickte mir eine Nachricht, dass am Abend ein Vortrag stattfindet. Ich schaute auf die Webseite und wusste sofort: da muss ich hin. Das sich am Abend nur 12 Menschen im dem kleinen Theater in Dannenberg einfanden, überraschte mich. Doch schon ging es los. In einer unperfekt entzückenden Art hielt die freundliche Vorsitzende der Vereins, Ise Stockmus, einen kurzen Vortrag und anschließend konnten wir Fragen an Rebecca stellen.

Es war ein dichter, inniger Abend, der voll mit Betroffenheit und Erschütterung war. Aber auch voller Herzlichkeit und Wärme, die gerade zwischen Rebecca Lolosoli und Ise Stockmus zu spüren war. Die unglaublichen Entschlossenheit der Gründungsfrauen berührte mich: „Jeder kann etwas tun und wir haben es getan“. Ise war 71 Jahre als sie die Vereinsgründung startete.

Danach gingen mir noch viele Bilder durch den Kopf und ich blieb sehr aufgewühlt. Das Thema der Genitalverstümmelung hatte ich immer nur kurz wahrgenommen. Aber an diesem Abend berührte mich diese Frau tief und mein Kriegerinnen-Herz erwachte. Hier war diese Nomadin, mit dieser Geschichte und kämpfte für ihre Frauen. Ich habe grossen Respekt vor ihrem Mut, aber auch vor dem beeindruckenden Einsatz von Ise Stockmus (73 Jahre) und Waltraut Sama. In einem kurzen Gespräch teilten sie, dass sie seit Start des Vereins 2015 nun auch dringend neue Vorstandmitglieder bräuchten. Ihre Kraft sei langsam zu Ende. Das konnte ich spüren. Vielleicht gibt es Frauen im Rheinland oder anderswo die weitermachen wollen?

Und was kann ich tun? Auf alle Fälle, werden wir vom Yogini Dome eine Schulkind-Patenschaft für 8 Jahre zu übernehmen, weil so lange das Kind zur Schule geht. Mit diesem Artikel gehen vielleicht noch weitere Türen auf, wir werden sehen.

Umoja unterstützen

Es gibt verschiedene Wege, das Frauenndorf finanziell zu unterstützen:

1. Einmalspenden

2. Patenschaft für Schulgeld in Höhe von 135 Euro jährlich

3. Essensgeld für die Schulkinder

4. Das Buch Mama Mutig von Rebecca Lolosoli und Birgit Virnich , dass sich spannend wie ein Roman liest, für 10 Euro kaufen.

Die Gelder werden ohne großen Verwaltungsaufwand direkt weitergegeben.

Hintergrund Samburu-Stern

Die Samburu-Frauen in Kenia tragen den sogenannten „Samburu-Stern“ als traditionellen Kopfschmuck auf der Stirn in Erinnerung an die Stammeslegende, die besagt, dass die Samburu von den Sternen stammen.

Als zentrales Element des Logos steht der weiß-silbrige Samburu-Stern am nachtblauen Firmament. Der innere farbige Kreis repräsentiert die Nationalfarben Kenias und daran schließt sich der weiße Kreis mit unserem Vereinsnamen und dem Hinweis auf das Frauendorf Umoja an. Abgerundet wird das Logo mit dem äußeren farbigen Kreis, der die deutschen Nationalfarben zeigt.

So kommt auf harmonische Weise die Verbindung zwischen dem Freundeskreis Umoja – Friends of Umoja e.V. hier in Deutschland und dem Frauendorf Umoja in Kenia zum Ausdruck.

Elske Margraf

Zur Person: Elske Margraf hat über 26 Jahre Erfahrung in Begleitung von Menschen und Gruppen für die Thema Persönlichkeitsentfaltung, Gesundheit und Bewegungsintelligenz. Anfangs als Ausbilderin und Trainerin einer Grossbank. später dann als Aufstellungsleiterin und seit 2012 als diplomierte Körpertherapeutin und Gesundheitspraktikerin (BfG). 2011 öffnete sich für sie durch das Erforschen einer weiblichen Meditationspraxis nach Chameli Ardagh (Awakening Women) ein neuer WahrnehmungsRaum. 2016 erbaute sie im Zuge dieser Arbeit den Yogini Dome an der Elbe.

Mehr unter www.elskemargraf.de

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