Sich selbst neu erfinden – geht das?

Foto: Grit Scholz

Von Tag und Nacht – Licht und Dunkelheit ein Text von Grit Scholz. Was passiert, wenn Mensch erkennt, das er sich selbst nicht leiden kann und lieber ganz anders wäre?

In vielen Fällen suchen Betroffene Hilfe im Außen. Die Hilfs- und Unterstützungsangebote waren noch nie umfassender und vielfältiger als Heute. Alternative Methoden, Heilkünste, Gurus, Coaches und Prozessbegleiter, haben längst die herkömmliche Psychotherapie in den Schatten gestellt.

Für manche Menschen ist es fast ein Hobby geworden, von einem Seminar zum nächsten Workshop und zur nächsten Therapie zu wandern. Manche probieren verschiedenste Dinge aus und manche bleiben jahrelang bei einem Anbieter hängen. Oft geht es dabei um Konsumieren dessen, was jemand anderes für sich als wertvoll und unterstützend erkannt hat. Oft inspiriert das sogar, doch selten ist es möglich, das 1:1 auf sich selbst zu übertragen und umzusetzen. Denn jeder Mensch ist einzigartig und muss seinen ganz eigenen Weg finden.

Jeder kann selbst in sich erkennen, worum es geht – alles andere ist nutzlos!
So ist das mit Allem. Solange wir nur etwas nachmachen, nachplappern – etwas schlicht und einfach übernehmen, wird es niemals wirklich UNSER DING sein.

Das fängt bei der Ernährung an, geht über die Art und Weise, wie wir unser Leben bewusst planen und gestalten, ob und wie wir meditieren… Einfach alles was wir tun, möchte aus unserem Inneren heraus getan werden und nicht weil der Verstand eine gute Methode erlernt hat, die bei wem anders funktionierte.

Also all die gut gemeinten und unterstützenden Angebote, können schnell zu einer neuen Falle werden, weg von sich selbst. Nur das den Betroffenen das oft gar nicht bewusst ist, weil sie meinen doch selbst diese Dinge gewählt zu haben und nun auf dem richtigen Weg zu sein.

Doch wenn es darum geht, was nun IHR DING ist und darum, ob sie inneren Frieden haben mit sich und sich vollständig lieben können – stellen die Meisten regelmäßig fest, dass sie wohl noch nicht lange genug gesucht haben.

Das Offensichtliche wird nicht erkannt. Es scheint oft unmöglich, zu sehen, dass lediglich die Quellen der Fremdbestimmung und Programmierung sich geändert haben. Es sind nun nicht mehr die Eltern, die Mainstreammedien und die althergebrachten Programme der Kultur und Gesellschaft, sondern es sind neue Sichtweisen und neue Ansätze, mit dem Leben zu tanzen.

Doch wenn diese einfach nur erlernt, kopiert und benutzt werden, ist man noch lange nicht mit sich selbst in Kontakt.
Doch die wirkliche Verbindung zu einer inneren Instanz, zu unserem Herzen ist Voraussetzung, im Einlang mit uns selbst zu leben.

Wir treffen ständig Entscheidungen, in jedem Moment!

Egal Wie und egal Was, wir müssen wählen, müssen Entscheidungen treffen, wenn wir sprechen und handeln und uns bewegen wollen.

Denn grundsätzlich wären wir alle in der Lage – alles zu tun, alles zu sein, doch um ETWAS zu tun und zu SEIN müssen wir ETWAS aus dem endlosen Reich der Möglichkeiten auswählen.

Doch Wer oder Was wählt aus und warum gerade Dies oder Das?

Für die meisten Menschen fühlt es sich nicht so an – als dürften sie tatsächlich in jedem Moment frei wählen, wie sie SEIN wollen und wie sie reagieren, argumentieren usw.. Sie haben bereits ein festes Bild von sich und ihren Möglichkeiten und bewegen sich in dieser mehr oder weniger engen Welt, was sie oft unzufrieden macht.

Wenn uns klar wird, dass wir wirklich die innere Freiheit haben – zu wählen, wer wir sein wollen, dann kann das Berge versetzen. Denn unser freier Wille ist genau dafür da!

Wenn jemand auf der Suche nach sich selbst ist – wird er da entweder nichts, oder alles finden. Beides ist die Wahrheit!

An dem Punkt zu sein, wo so viel Bewusstheit zur Verfügung steht, sich selbst wahr zu nehmen und zu beobachten und in jedem Moment bewusste Entscheidungen treffen zu können – WIE will ich SEIN – beginnt die wirkliche Selbstbestimmung.

Schnell kommen da so Argumente, dass es ja so viele innere Stimmen und Ratschläge gibt, dass es oft unmöglich scheint, eine Entscheidung zu treffen, die sich wirklich stimmig anfühlt.

Denn wenn ich ALLES sein kann, wie kann ich da wählen und mich für den Moment für EINE Möglichkeit entscheiden?

Tja, das genau, ist wohl das große Geheimnis. Ich kann es auch nicht erklären wie es funktioniert, ich kann nur erzählen, wie es bei mir ist – was anderen nicht unbedingt weiter hilft.

Bei mir gibt es eine innere Instanz, ich nenne sie mal Gewissen, weil das dem, was ich da spüre am nächsten kommt.
Wenn mein Gewissen sich wohl fühlt, dann fühle ich mich wohl. Wenn dort alles stimmig und richtig ist, dann habe ich mich gern, dann liebe ich mich, bin zutiefst einverstanden mit mir.

Also wähle ich in jedem Moment das, was sich für mein Gewissen stimmig und wohl anfühlt, denn einzig darauf kommt es an. Dann bin ich zufrieden mit mir und mag mich leiden, dann gibt es keine Zweifel und nichts kann mich verunsichern.

Es ist ein bißchen so ähnlich, als fragte man: „Was würde die Liebe tun?“ Ich denke, das läuft auf das Gleiche hinaus. Ich kann es am „Gewissen“ für mich besser fest machen. Denn für mich gibt es nichts Schlimmeres, nichts Schmerzhafteres – als ein schlechtes Gewissen.
Gewissensbisse, ist auch eine schöne Formulierung. Auch das kenne ich.

Denn es gibt Situationen, wo es so scheint, als gibt es einfach keine Eindeutigkeit. Es fühlt sich so an, als ist es egal was man tut, egal für was man sich entscheidet, es fühlt sich alles nicht ganz richtig oder stimmig an. In solchen Momenten fühlt man sich hilflos und ohnmächtig, wie gelähmt, weil man nicht fühlen kann, was wirklich stimmt.

Wenn ich an solche Momente denke, dann erkenne ich im Nachhinein, dass diese Situationen mir lediglich gezeigt haben, dass ich gerade nicht wirklich wählen kann – aus allen Möglichkeiten, sondern etwas in mir schon ganz eng geworden ist und nur noch einen kleinen Bereich sehen kann, von dem mir aber nichts machbar und richtig erscheint. Ich fühle mich dann gefangen.

Fazit – wenn wir uns gefangen und unfähig fühlen, eine stimmige Entscheidung zu treffen, die sich wohl in unserem Herzen anfühlt, eine Entscheidung, für die wir uns lieben können – dann sind wir gerade nicht offen. Wir sollten also nicht wählen, bevor wir uns wieder in einen Zustand der Offenheit gebracht haben – denn sobald das der Fall ist, werden neue Wahlmöglichkeiten auftauchen, die wir vorher einfach nicht sehen konnten.

Dann hilft schon mal ein Satz zu sich selbst und anderen: „Tut mir leid, ich kann jetzt nichts tun, nichts entscheiden, ich stehe gerade im Dunkeln.“

Es gilt also wachsam zu sein und sich bewusst zu werden, WIE man gerade ist.

Wenn ich mich erinnere, an den Moment, als mir das mal klar wurde, war es, als fielen mir Tomaten von den Augen. Plötzlich schien mir alles ganz logisch und einfach zu sein.
Wenn ich also mein Herz mit meinem Verstand verkopple – einen Herzverstand manifestiere und diesen all meinem Tun und all meinen Entscheidungen zu Grunde lege – weil ich weiß, wie es sich anfühlen muss, wenn alles stimmig ist, wenn ich reinen Gewissens bin, dann bin ich im inneren Frieden.

Sollte es Situationen geben, wo ich diesen Frieden vermisse und nicht herstellen kann, dann lasse ich mich davon berührt sein, dass ich gerade unter einer dunklen Wolke stehe – die mir die Sicht auf die unendlichen Möglichkeiten versperrt. Ich beobachte die Wolke und sehe, wie sie vorüber zieht. Es ist nicht schlimm, es ist einfach ein Zustand der gerade ist und ich bin mir dessen bewusst – kann das auch verbalisieren und verhalte mich entsprechend. Ich werde also keine großen Dinge in Gang setzen, oder mich zu etwas zwingen, was gerade nicht stimmig erscheint.

Wenn am Himmel die Wolken aufziehen, können wir auch nichts tun. Wir erkennen, dass es gerade trüb ist und verhalten uns entsprechend. Es gibt Zeiten, da scheint es gar nicht richtig hell zu werden, da ist es nass uns kalt und schlägt uns aufs Gemüt.

Wir wissen dann aber, warum es uns so geht, wie es uns geht – es liegt am Wetter. Wir sehnen uns nach Wärme und Licht und spüren, wie sehr es uns fehlt und beeinflusst.
Ja, das ist so und es ist in Ordnung und es gibt nichts zu tun, oder zu machen.

Es ist eine Erfahrung, eine Wahrnehmung und wir empfinden sie unangenehm, das ist alles. Innerlich wissen wir ganz genau, dass die Sonne irgendwann wieder scheinen wird und wenn es uns gelingt, die dunklen Zeiten zu nutzen, für all die Dinge, die getan werden wollen, bei denen das äußere oder innere Wetter nicht so relevant sind, dann wird auch das Unangenehme weniger störend, bis das es ganz verschwindet.

Denn wir fühlen plötzlich, dass unser SEIN und unsere Erfahrungen, die wir machen, davon abhängt, was wir selbst davon halten, wie wir damit umgehen.

Wir sind es, mit unserer Haltung, unseren Glaubenssätzen – die entscheiden, ob uns etwas unangenehm ist oder nicht.

Wichtig ist die Frage – stimmt es gerade so, wie es ist?
Wenn es gerade dunkel ist, dann ist es gerade dunkel – dann sehe ich vielleicht gerade nichts mehr, vielleicht fürchte ich mich auch etwas – doch es ist stimmig. An der Tatsache, dass es gerade dunkel ist, kann ich nichts ändern.

Wenn ich dagegen so tue, als wäre es nicht dunkel und ständig wo dagegen renne, weil ich weiter mache als wäre nichts – dann ist das nicht stimmig und das kann ich ändern.

Wenn ich schon gelernt habe, im Dunkeln zu sehen und wenn ich gelernt habe, der Furcht mit Liebe zu begegnen, dann werden sich auch dunkle Zeiten nicht mehr unangenehm anfühlen, sondern nur entsprechend anderes, als die lichtdurchfluteten Tage. So wie Tag und Nacht.

Niemand käme auf die Idee, die Nacht generell als unangenehm und beängstigend zu beschreiben.
Obwohl wir alle wissen, dass es solche Nächte geben kann.
Gleichzeitig kann die Nacht auch Schutz geben und Raum zum Fliegen und Träumen, Zeit für Einkehr und Zeit für tiefe Verbundenheit.

Foto: Grit Scholz

Zu Grit Scholz: 1965 als Leipzigerin geboren, lebt sie heute in der Elsteraue, nachdem sie viele Jahre in West- und Ostdeutschland „unterwegs“ war. Von 2002 bis 2007 baute sie im Fläming bei Belzig das LebensGut-Lübnitz mit auf; denn Erforschung des Menschseins und die Hinwendung zu neuem Bewusstsein sind ihre Motivationen. Das Zusammenleben mit 30 Menschen im LebensGut Lübnitz bildete auch die Grundlage für Ihr Buchprojekt Das Tor ins Leben, dessen Auftraggeberin sie selbst war. Gründung des LebensGut-Verlages im Juli 2007, Herausgabe der ersten 3 Bücher im Dezember 2007.

Sie ist Mutter von zwei Töchtern, arbeitet als freiberufliche Grafik-Designerin für eigene Kunden und organisiert den Vertrieb und den Versand der Bücher, macht Vortragsreisen und Ausstellungen, Workshops, Lesungen und arbeitet an fremden und eigenen Manuskripten.

Als Prozessbegleiterin für einzelne Menschen, Paare, Familien, Teams und Gemeinschaften gibt sie ihre Erfahrungen weiter und unterstützt darin, unbrauchbare und hinderliche Muster zu erkennen und hinter sich zu lassen, um neue wahrhaftige und lebendige Wege zu gehen.

Seit August 2017 gibt es den  Onlinekurs „Meine Yoni“ – zur Unterstützung für die Frauen, die sich erstmals mit diesem Thema und ihrem Körper intensiver beschäftigen wollen, um sich selbst näher zu kommen. Oder auch, um Traumas oder bewusste/unbewusste Blockaden aufzulösen.

https://www.das-tor-ins-leben.de/videos/
www.lebensgut-verlag.de

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2 Kommentare zu “Sich selbst neu erfinden – geht das?
  1. DUKE sagt:

    Danke für den EinBlick in Deine Welt und Dein Verständnis dieser.

    Bei mir stimmts gerade – war am „Braunkohle“-Strand baden, mit Chicho spazieren und die Sonne ist pünktlich um 9 Uhr über den Berg gekommen und ich kann „mein Kind“ so ein stückweit mit auf die Reise nehmen.

    La Paloma ohey…

  2. Cordula Müller sagt:

    Liebe Grit
    Herzlichen Dank für deine wunderbaren Gedanken und für die starke holzskulptur !Hast du diese gestaltet ? Es interessiert mich sehr !
    Und ich wäre dankbar für eine Antwort !
    Mit herzlichen Gruß
    Cordul

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