Von Corona lernen

Foto: Tamera

Was durch Angst möglich ist, muss auch durch Vertrauen möglich sein von Leila Dregger aus der Tamera-Gemeinschaft. Dank Corona lernen wir als Menschheit derzeit etwas sehr Wertvolles. Wir lernen, wie machtvoll und überlegen eine unglaublich winzige Sache sein kann, wenn sie in Resonanz mit einem latenten Feld gerät. Diese winzige Sache ist in diesem Fall ein Virus. Das latente Feld ist Angst – eine immense, kollektive Zukunftsangst: Ingredienz und Begleiterscheinung des Turbo-Kapitalismus am Rande des globalen Kollaps.

Gemeinsam machen sie Dinge möglich, die niemandem sonst gelangen, weder den Klimastreiks und Umweltaktionen der letzten Jahre noch der UNO in ihren ganzen Jahren des Bestehens noch allen Bemühungen, Bedrohungen, Appellen, Bewegungen, Wissenschaftlern, dem Papst oder sonstigen Autoritäten: entschlossenes, rigoroses Handeln über alle Grenzen hinweg. Industrie, Tourismus, Erziehung, Sport – große Bereiche des öffentlichen Lebens in vielen Ländern der Welt werden stillgelegt. Die Menschheit ist im Pausen-Modus. Und siehe da: Der Himmel über China und Norditalien ist wieder blau; die Luftverschmutzung geht zurück; die Menschen bleiben zu Hause und haben endlich wieder Zeit für das Wesentliche, für sich, für Besinnung und die Menschen um sie herum. In Italien singen sie aus offenen Fenstern, und aus anderen Häusern singen sie zurück.

Wer oder was konnte das bewirken? Wer hat so viel Macht?
Wir haben von vielen konspirativen Entstehungstheorien gehört, aber wir beschäftigen uns hier bewusst nicht damit. Vielleicht ist das neue Corona-Virus ja wirklich vor einigen Monaten von der Wildtierwelt auf den Menschen übergesprungen. Dann könnten wir es als Maßnahme der Natur verstehen, der Menschheit zu helfen, ihr Leben nun endlich zu verändern.

Ganz gleich ob das Virus nun menschengemacht oder naturgegeben ist: Er zeigt uns, wie fragil die globalisierten Systeme sind und dass die Menschheit in der Lage ist, ihr kollektives Verhalten von einem Tag auf den anderen grundlegend zu verändern. Nehmen wir den erzwungenen Pausen-Modus, um uns vorzustellen, wie eine heilende Veränderung unserer Gesellschaften funktionieren könnte! Wie werden wir uns versorgen, mit wem in unserer Umgebung können wir zusammenarbeiten, was werden wir tun, wenn tatsächlich die globalen Systeme zusammenbrechen?

Vielleicht werden wir später auf den Coronavirus als eine große gemeinsame Übung zurückblicken, in der wir anfingen, die dezentralen, gemeinschaftlichen Systeme zu entwickeln, mit denen wir ökologischen und sozialen Krisen meistern konnten. Angst und Panik sind dabei keine guten Ratgeber. Vertrauen, gegenseitige Unterstützung, Verantwortung für das Ganze, Flexibilität und Offenheit für Neues – das sind die Qualitäten, die wir in dieser Zeit des radikalen Umbruchs am meisten brauchen.

Das Erstaunliche bleibt die unglaubliche Machtentfaltung des Virus und seine Fähigkeit, der Menschheit zu zeigen, dass wir viel intimer verbunden sind, als wir dachten. Wenn eine Substanz in unseren Atemwegen, die sich nur durch direkten Kontakt überträgt, sich innerhalb weniger Wochen auf der ganzen Welt verteilt, dann können wir sagen: Wir sind tatsächlich EIN Atem.

Und das ist eine gute Nachricht. Können wir diese intime Einheit des Lebens auf der Erde nicht auch nutzen, um eine positive Bewegung in Gang zu setzen? Was durch Angst möglich ist, muss auch durch Vertrauen möglich sein können. Von Mund zu Mund könnte dann etwas ganz anderes geteilt werden als ein Virus. Nämlich eine Botschaft der Hoffnung und Zukunftsgewissheit.

Die Information: Wir sind Teil einer großen Lebensgemeinschaft von Menschen, Tieren, Natur und göttlichen Wesen, die eine Einheit bilden, sich gegenseitig unterstützen, helfen, wahrnehmen, ergänzen und lieben. Erde und Menschheit sind heilbar, auch jetzt noch, und zwar in kürzester Zeit, wenn wir Menschen unsere wirkliche Aufgabe wahrnehmen und annehmen. Liebe und Einheit sind die Grundsubstanz der Allianz aller Lebewesen – das ist die frohe Botschaft.

Was brauchen wir, damit sich diese ebenso schnell von Mensch zu Mensch und durch alle Kanäle ausbreitet wie jetzt noch das Virus?

Wir brauchen die Resonanz mit einem anderen kollektiven Feld in uns, einem viel tieferen als dem der Angst, mit einem Feld, das im Moment noch überdeckt ist: Es ist das kollektive Feld des Vertrauens, die Matrix des Lebens; Dieter Duhm nennt es die „heilige Matrix“. Denn trotz allen Leids, aller Schrecken der Vergangenheit und aller Bedrohung ist das Leben immer noch auf Freude, Neugier und Überleben ausgerichtet. Es gibt einen Kern in uns, der dies weiß. Dieser Kern heißt Vertrauen.

Und so absurd es angesichts der ganzen Vorsichtsmaßnahmen und Einschränkungen für viele jetzt sein mag: Das ist jetzt unsere gemeinsame Aufgabe – das Feld des Vertrauens zu stärken durch alles, was wir tun, denken, kommunizieren und wie wir miteinander umgehen.

Das ist auch unsere Arbeit im Aufbau von Heilungsbiotopen: in gemeinsamer Arbeit das Trauma der Angst abzuschütteln und die tiefere Schicht des Vertrauens freizulegen. Das ist die Grundlage einer neuen Kultur.

Hintergrund: Das Projekt Tamera, das 1978 mit einer kleinen Gruppe begann, hat sich heute zu einer Gemeinschaft von ca. 200 Menschen und einem wachsenden internationalen Netzwerk entwickelt. Gemeinsam mit allen, die sich wie wir für die Vision von Terra Nova begeistern, arbeiten wir daran, dezentrale und unabhängige Modelle für eine postkapitalistische Gesellschaft aufzubauen. Hier mehr.

Sharing is Caring 🧡
Posted in Kolumne Verwendete Schlagwörter: ,
4 Kommentare zu “Von Corona lernen
  1. Miriam sagt:

    Danke Leila! Danke Bettina!

  2. Vielleicht braucht es wirklich einen weltweiten Kollaps, das sogenannte „vor die Wand fahren“, damit ein Neustart möglich wird?
    viele große und kleine Projekte zeigen uns ja, dass sich etwas bewegt, wenn das Alte zum Stillstand kommt. Und die Idee, dass die Natur Zeichen zur Veränderung setzt, kommt mir angesichts von den gehäuften sogenannten Naturkatastrophen immer wieder in den Sinn.
    Gleichzeitig geht in unserem Garten alles seinen naturgegebenen und vertrauensvolle Gang … das ist Lehrmaterial pur.

    Ich wünsche uns allen, dass das Umdenken auf allen Ebenen gelingen möge.
    Möge dass Vertrauen ins Leben uns alle beflügeln und leiten.

    Herzensgrüße
    Imke

  3. Sophia sagt:

    Plötzlich, aus dem Nichts: Alles ist ein Immunsystem, ein Atem… So mag ein winzig kleines Baby im Mutterleib die Welt erleben. Voller Glück, voller Angst, voll in Resonanz.

    Später kommt dann nach und nach das Denken dazu… Und die Nachdenklichkeit…

    Doch zunächst wollen Kinder die Welt entdecken, sie erforschen, sie mit allen Sinnen begreifen, erfühlen, in Kontakt gehen. In und mit der Natur sein. Und wenn die Hose mal dreckig wird, oder das T-Shirt schmutzig. Sei´s drum.

    Toller Beitrag!

  4. Vielen Dank für den tollen Artikel. Ich würde gerne noch einen Schritt weitergehen: In der Haltung des Vertrauens könnten wir auch den Tod mit anderen Augen sehen. Wir könnten lernen ihm mit gebührendem Respekt zu begegnen, ihn aber nicht mehr als unseren Feind ansehen, den es zu bekämpfen gilt. Wieviel leichter, freier und risikobereiter könnten wir, die uns geschenkte Zeit des Menschseins erfahren und gestalten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Dein Kommentar wird nach der Prüfung freigeschaltet. Bitte beachte, Einschätzungen und Meinungen in Ich-Form zu formulieren und die AutorInnen zu wertschätzen. Nicht identifizierbare Namen (Nicknames), Kommentare ohne erkennbaren Bezug auf den Inhalt des Artikels und Links zu nicht eindeutig verifizierbaren Seiten bzw. zur Eigenwerbung werden grundsätzlich nicht freigeschaltet.