Ich schreibe eine neue Geschichte

Foto: Duccio Manzi @ducciomanzi, Sohn des toskanischen Malers Sergio Manzi (1920-2004)

Von Claudia Shkatov. Kennst Du das, wenn Du auf Deinen Tag oder Dein Leben schaust, und Dein Glas scheint halb leer zu sein? So war es in den Zeiten, in denen ich ständig glaubte, es fehle etwas in meinem Leben. Meine größte Aufmerksamkeit bekamen immer meine Beziehungen, insbesondere meine Ehe. Hier habe ich alles, was scheinbar nicht funktionierte, durchanalysiert, jede verfügbare Literatur dazu verschlungen, Seminare besucht, und mir den Kopf und oft auch das Herz zerbrochen. Und zumindest für eine kurze Weile hatte ich scheinbar alles im Griff.

Heute stehe ich kurz vor meinem 55. Geburtstag. Mein Glas ist jetzt fast immer und mindestens!!! halb voll. Ich habe gar nichts mehr im Griff. Somit auch keine Verspannungen mehr in den Armen ;-). Und alles fließt. Mein Leben erscheint mir perfekt und absolut fehlerfrei. Nichts, was da zu viel oder zu wenig war. Nichts zu beklagen oder zu bedauern. Nichts und niemand, das und der mir nicht ein Geschenk gewesen wäre oder ist. Und ich übertreibe damit kein bisschen. Es ist allerdings kein Gedanke, der mir das sagt. Es ist ein Gefühl. Es fühlt sich relaxt an in mir. Friedlich. Sicher. Leicht. Ich fühle mich in meinem Körper gesund und stark. Ich wache mit Energie und Freude auf den Tag auf. Mein Nacken wird immer beweglicher. Meine Brille brauche ich immer weniger. Mit dem Essen habe ich Frieden geschlossen ebenso wie mit der Zeit, dem Geld, dem Männlichen und dem Weiblichen, mit dem Licht und mit den Schatten in mir. Und meist auch mit dem Moment.

Das Universum ist mein Office Manager

Ich fühle mich als Frau und als Mensch. Ich setze gern Grenzen. Und ich dehne sie gern aus. Ich sage ‚Ja’, wenn ich es meine. Und ich sage ‚Nein’, wenn ich es fühle. Und das fühlt sich gut an. Meine alten Muster und Konditionierungen greifen manchmal noch. Doch sie haben keine Macht mehr über mich. Mein Körper weiß, was sich gut anfühlt für mein System. Und er zeigt es mir jeden Tag. Ich brauche keinen Blick auf die Waage mehr. Ich esse, wenn ich Hunger habe und was sich für mich richtig anfühlt. Fastfood, Chips und herkömmliche Süßigkeiten. sind ein echter Abtörner geworden.

Mein Terminkalender regelt sich inzwischen oft wie von selbst. Das Universum ist mein bester Office Manager. Ich brauche nur zu denken, dass mir ein Termin vielleicht doch lieber an einem anderen Tag wäre, schon ruft mich der betreffende Kontakt an und bittet um eine Verschiebung. Am Ende ist meine Woche so ideal orchestriert wie es mir selbst nie eingefallen wäre. Ich muss mich nur raushalten, was die Organisation angeht. Und erspüren, was sich gut anfühlt. Ebenso läuft es mit den meisten Aufgaben. Mich quälen und über meine Grenzen gehen sorgt für Störungen im System. Achtsam sein mit mir und meiner Intuition und ihren Impulsen vertrauen gewährt mir in der Regel Reibungslosigkeit und eine gute Energiebilanz – innen und außen. Seufz! Das ist wirklich so schön!!

Wie ich dahin gekommen bin? Ich trage eine tiefe Sehnsucht nach und ein uraltes Wissen um Verbindung in mir. Ich bin ziemlich mutig, endlos neugierig, total stur (also ausdauernd! :-). und sehr loyal gegenüber denen, die ich liebe. Und in dieser Loyalität folgte ich einem großen Missverständnis, das sich mir schließlich offenbarte ….

Meine alte Loyalität

Mit meiner Mutter und meiner ganzen weiblichen Ahnenlinie bin ich ewig und vollkommen unbewusst einig gewesen darin, dass eine wirklich tiefe intime Beziehung zwischen mir aus meiner Mitte heraus und einem Mann, der in seiner Mitte ruht, nicht in Frage kam. Zu tief waren die Verletzungen und Enttäuschungen des weiblichen Kollektivs, so dass kein Vertrauen mehr möglich war gegenüber „dem Anderen“. Für manch Einen mag das seeehr seltsam klingen. Und doch ist es das, was die meisten von uns unter der Oberfläche unserer Ablenkungen, Dissoziationen und antrainierten Persönlichkeitsstruktur steuert. Ich hab es immer wieder erlebt in mir und in den Frauen und den Männern, die zu mir kommen.

Wir folgen in unserer Art und Weise in Beziehung zu gehen (mit Menschen, Zeit, Geld, Gesundheit, Leben, dem Unbekannten, ….) in der Regel wie kleine Roboter einer tiefen Loyalität gegenüber unseren Müttern, die uns empfangen, uns in sich getragen und über viele Jahre genährt haben. Wir atmeten ihre Ängste, Sorgen und Nöte buchstäblich ein ebenso wie ihre Freuden und ihr Glück. Das sitzt tief. Und es braucht Mut und Geduld, um sich dieser Verschwörung der wir folgen und folgen und folgen schließlich in uns zu stellen und den Schmerz, den sie verbirgt zu berühren.

Natürliche Weibliche und Männliche Autorität bringt Frieden

Wenn das geschieht, ist der Spuk vorbei! Unsere ganze Ahnenlinie atmet auf. Die Tür ist offen. Das Licht ist da. Ich habe an diesem Punkt nicht nur die tiefe Liebe meiner eigenen Mutter sondern auch die meiner Ahninnen gespürt. Wie verrückt auch immer sie sich im Außen verhalten haben mögen hatten sie doch immer nur im Sinn uns zu schützen. Doch in dem Augenblick, in dem wir uns von der alten Geschichte, die sie alle schrieben, lösen, ist ihr Schutz in dieser Form nicht mehr nötig. Wir dürfen die Loyalität gegenüber einer Geschichte, die niemals unsere war, aufgeben und unsere eigene schreiben. Und wir dürfen anfangen, unsere Mütter und Großmütter und Urgroßmütter – das Weibliche und damit die unendliche Lebens- und Erschaffenskraft in uns – einfach anzuerkennen und zu lieben.

Damit sind auch der Friede mit dem und die Liebe zum Männlichen ganz selbstverständlich da. Dies bringt uns Frauen ganz natürlich in unsere weibliche Autorität zurück. Damit werden wir zutiefst erreichbar für Männer, die sich in dieser Energie automatisch in ihre männliche Autorität hinein bewegen. Und ich kann Euch sagen, das fühlt sich buchstäblich göttlich an. Es ist ein Empfinden von Ebenbürtigkeit, Entspannung, tiefstem Frieden, Willkommen-Heißen, Sich-Hingeben, Fließen, süßem Seufzen und wunderkerzenprickelnd energetischem Tanz. Ich erlebe es als eine Ebene, auf der echte Freundschaft, wahre Liebe, gemeinsame Kreativität, Co-Kreation und tiefe sexuelle Erfüllung erst möglich werden. Und genau das wünsche ich mir für uns alle.[1]

Ja, und manchmal klopft die Angst noch an. Zu nah sind die alten Muster mir noch. Doch es dauert nicht lange bis ich wieder wach werde und in meine Kraft und Wahrheit zurückkehren kann. Hier hat eine mentale und emotionale Umkehrung eingesetzt, in der die alten Muster meine Stärkung und Wahrheit unterstützen. Jedes Mal, wenn mich ein Trigger erwischt, weiß ich sehr schnell, wo ich mich gerade auf meiner inneren Landkarte bewege. Und auf dem Rückweg zu meiner Mitte werde ich wieder ein Stückchen wacher und stärker.

Unsere Mitte ist da, wo wir den Schmerz treffen

Ich glaube, unsere Mitte finden wir immer da, wo wir anstatt weiter dem schmerzhaften Blick/Urteil eines anderen oder dem eigenen zu folgen und zuzustimmen, den geteilten Schmerz darunter völlig undramatisch in uns treffen. Indem wir unsere Projektion zurücknehmen, ihn fühlen und damit umarmen. Das ist das Ende unserer Machtlosigkeit. Das ist das Ende des Urteilens. Das ist das Ende der Trennung und der Anfang von Frieden.

Diese neue Ausrichtung und Bereitschaft stellt sich aus meiner Erfahrung dann ein, wenn mein Körper versteht, wie viel besser sich ‚Mitte’ anfühlt als ‚aus der Mitte sein’. Und wenn er außerdem darauf vertraut, dass er immer den Weg zurück kennt. Dann werden alle meine Trigger Engel, und ich kann sie dankbar willkommen heißen als Wegweiser zurück in eine immer tiefere Mitte in mir. Meine Loyalität gilt meiner Mitte.

Und an dieser Stelle beginnt meine – und wenn Du willst – unsere neue Geschichte.

Welcher alten Geschichte und Loyalität folgst Du noch? Und welchen Stimmen schenkst Du noch Glauben, die Dich klein und wertlos fühlen lassen? Welche neue Geschichte willst Du schreiben? Und mit wem?

Lass uns außerhalb aller alten Geschichten, die niemandem dienen außer den alten Geschichten, eine neue Geschichte erzählen. Gemeinsam. Lass uns ko-kreieren, was uns und uns allen dient. Denn ‚Alleine’ funktioniert auf diesem Planeten nicht mehr. Und ganz ehrlich: Es hat auch noch nie funktioniert. Doch alles beginnt mit und in mir und Dir!

Wie machen wir das?

Wir alle brauchen Sessions

Meine Lehrerin Turiya Hanover sagt: „We all need sessions.“ Und damit hat sich recht. Niemand von uns kommt aus unseren alten Geschichten allein raus. Und niemand schafft es ohne eine ehrliche und tiefe Innenschau. Für diese Schau braucht es immer wieder ein Gegenüber, das Dir wach und wertfrei den Raum, manchmal die Hand und immer das Licht auf dem Weg hält.

Wir finden ein solches Gegenüber in der Natur, dem Himmel, der Erde, der Pflanzen- und Tierwelt. Je wilder und von Menschenhand unbeeinflusst, umso kraftvoller. Und wir finden es in einem anderen Menschen, der uns in Wahrheit begegnet. Ein Baby, ein wacher Freund, Coach, Therapeut oder Heiler. Du erkennst letztere am besten daran dass sie weder urteilen Dir einen Rat geben noch Dich ‚reparieren’ wollen. Sie sehen Dich in Deinem Licht, selbst wenn Du gerade im Dunkeln tappst. Sie fühlen mit Dir ohne mit dir zu leiden. Sie sind zugleich Lehrer und Schüler im Kontakt mit Dir. Sie sind berührbar und verletzlich. Sie lassen sich führen während sie Dich führen.

Finde Deine Mitte!

[1] Ich bin heterosexuell und habe keine eigenen Erfahrungen mit anderen sexuellen Ausrichtungen. Allerdings bin ich sicher, dass sich diese energetischen Zusammenhänge für jeden von uns, ganz egal, wen oder wie wir lieben, verwirklichen lassen. Der Einfachheit halber bleibe ich in meiner Betrachtung, bei den Begriffen Mann und Frau bzw. männlich und weiblich

A New Story – „The state of interbeing is a vulnerable state. It is the vulnerability of the naive altruist, of the trusting lover, of the unguarded sharer. To enter it, one must leave behind the seeming shelter of a control-based life, protected by walls of cynicism, judgment, and blame.“ – Charles Eisenstein

Foto: Claudia

Claudia Shkatov www.blissbow.de

@soulquestretreats

instagram.com/soulquestretreats

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10 Kommentare zu “Ich schreibe eine neue Geschichte
  1. Andrea sagt:

    Liebe Claudia,
    Wundervoll – vielen Dank! Wie immer findest du für mich die richtigen Worte. Bin auch gerade beim Umschreiben meiner Geschichte, weil ich erkannt habe, dass das Mangeldenken von meiner Mutterlinie abstammt. Es ist schön nicht alleine auf dem Weg zu sein. Danke!
    einen wunderbaren Tage heute und liebe Grüße aus Wien

  2. Monja sagt:

    Liebe Claudia,
    ich lese deine Worte soooo gerne…
    Ich liebe die Wahrheit, die Schönheit, die Möglichkeit, den Frieden, das Vertrauen und das Einverstanden-Sein, die Weichheit und die Urkraft und das Wunder. Durch alles reise ich ahnenderweise wenn deine Worte mich erinnern…
    Hab Dank

  3. Almut Lichte sagt:

    Danke, Claudia,
    ich habe darum gebetet, dass sich meine neurotischen Beziehungen klären.
    Danke, Claudia.

  4. Birgit Enzmann sagt:

    Liebe Claudia,
    eine Bekannte schickte mir diesen wunderbaren Text! Wie passend und herzlichen Dank!
    Das ist verrückt, in einer Woche werde auch ich 55 Jahre, habe meine Ahnenlinie aufgeräumt, fühle mich frei, in meiner Mitte und voller Vertrauen. All Deine Erläuterungen kann ich nur bejahen. Sie sind eine Wohltat und Bestätigung. Im letzten Jahr krempelte ich mein komplettes Leben um und habe gerade begonnen, meine neue Geschichte bzw. ein neues Leben zu schreiben 🙂
    Ich freue mich auf eine spannende neue Zeit mit neuen Erlebnissen, Erfahrungen und Menschen.
    Herzlichen Dank und das Universum wird uns begleiten.
    Liebe Grüße Birgit

  5. Felix Lauwers sagt:

    Ja Claudia vielen Dank. Offen und voller Vertrauen schreite ich weiter. Genieße und werde genossen. Liebe und werde geliebt. In Verbundenheit mit mir, mit dir und mit Allen/-m. Ruhig und richtig.

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