Der große Kreislauf: Ein Märchen vom Sterben-Leben

Von Simone Specht. Das Sterben in die Mitte des Zusammenlebens einzuladen ist wertvoll und heilsam. Eine Erfahrung dessen durften wir 2018 in der Gemeinschaft Schloss Tempelhof machen. Inspiriert aus diesem Erleben ist ein Märchen entstanden.

Das Buch „Der große Kreislauf – Ein Märchen vom Sterben-Leben“ wurde jetzt veröffentlicht. Der Ausgangspunkt für die Erzählung liegt in der Gemeinschaft Schloss Tempelhof. Im August 2018 verbrachte hier die Mutter eines Gemeinschaftsbewohners ihre letzten fünf Lebenswochen. Als eine Anfrage von der Familie für diesen besonderen Sterbeplatz in die Wohngruppe das «Tempelfeld» – eine Jurten- und Bauwagensiedlung für 25 Menschen inmitten der Gemeinschaft auf einem Wiesenplatz rund um das «Earthship» – getragen wurde, kam das Einverständnis aller Mitbewohner dazu spontan und einstimmig. Eine Jurte wurde ihr zur Verfügung gestellt. Andere Bewohner*innen des Platzes sagten ihre Unterstützung zu. Es war ein Wagnis, denn bis dahin hatten wir wenig Erfahrung damit, jemandem für seinen/ihren letzten Abschnitt der Lebensreise einen Platz in der Gemeinschaft zu geben.

In der Wahrnehmung von Vielen veränderte sich die Stimmung in diesen Wochen am Tempelfeld. Die Endlichkeit unseres Lebens wurde bewusster, war im Alltag präsent und die Gespräche drehten sich häufig um diese besondere Situation. Die Kinder tobten und spielten wie immer. Vieles fühlte sich für uns Erwachsene intensiver an und es war bereichernd, über den Tod zu sprechen. Wir empfanden es als ein Geschenk, das Sterben in der Mitte der Gemeinschaft willkommen zu heißen und miteinander und füreinander da zu sein. Die Angst vor dem Thema kleiner wurde, je näher wir ihm kamen.

Inspiriert aus dieser Erfahrung ist ein Jahr später mein Märchen entstanden. Es erzählt vom Leben und vom Sterben, von der Angst und vom Vertrauen, von der Verbundenheit und der Liebe, die als Geschenke im Tod liegen können. Manches in dem Märchen entspricht dem, was am Tempelhof in jenen fünf Wochen geschah und danach erlebt wurde. Viele Menschen aus der Gemeinschaft kamen an dem Abend, als die Frau starb, standen um die Jurte und sangen „Pacha Mama“. Nach dem Sterben wurde ein Feuer entzündet, das mehrere Tage brannte, dort konnten sich die Menschen austauschen und gemeinsam trauern. Berührend war für mich, wie sehr nach dem Tod die Liebe in der Jurte, in der die Frau gestorben war, zu spüren war. Es berührte einen tiefen Punkt zu sehen, wie das Sterben bewusst gestaltet wurde und wir den Kreislauf des Lebens miterleben konnten: Von den Geburten bis zum Sterben das Leben teilen, gestalten und neue und heilsame Wege damit finden, sind Schätze von Gemeinschaften.

Über die Autorin: Simone Specht, Autorin des Märchens, lebt in Schloss Tempelhof und arbeitet in ihren künstlerischen Projekten mit verschiedenen Ausdrucksformen. 2017 wurde ihr Dokumentarfilm „Ahnenfrieden“ veröffentlicht. Ihr Interesse ist es, mit dem Mittel der Kunst Themen des Mensch-Seins zu bewegen, Bewusstseinsprozesse zu gestalten und Menschen in ihrer Berührbarkeit anzusprechen. In der Zusammenarbeit mit Brigitte Sophia Drescher, Stephanie Pricking und Ursula Dubs hat sich zum Märchenbuch auch eine Live-Veranstaltung (Erzählung, Stimme & Gesang) entwickelt. Die Arbeit in der Künstlerinnengruppe war geprägt vom Lauschen, sich innerlich verbinden und vom Spiel. Die Illustrationen im Buch sind Fotos des Projekts «Medizinradrock» der Stickkünstlerin Ursula Dubs.

Das farbig illustrierte Buch ist für 16,90€ Euro über folgenden Kontakt bestellbar: http://www.simonespecht.de/bestellung/

Informationen zum Projekt gibt es auch unter: https://www.startnext.com/der-grosse-kreislauf

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Ein Kommentar zu “Der große Kreislauf: Ein Märchen vom Sterben-Leben
  1. Johannes sagt:

    Danke 🙂

    Bei 3 meiner verstorbenen Angehörigen war für 2-3 Tage das Glücksgefühl, der Friede und die Liebe aus dem Jenseits zu spüren…. wer das schon mal erlebt hat, wird es nie wieder vergessen: dieses intensive Gefühl ist definitiv nicht von dieser Welt

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