Knospen und ihre Heilkraft

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Von Monika Seifert. „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne…“. Wenn wir in diesen Tagen die Natur genauer beobachten, sehen wir, wie unter der scheinbaren Winterstarre das Leben pulsiert. Viele Sträucher und Bäume segnen die Tierwelt mit kostbaren Knospen – und nicht nur die.

Knospen – Nahrung für Tier und Mensch

Wer auf Spaziergängen durch die Natur genau hinschaut, entdeckt jetzt viele Knospen, die gut geschützt vor der Winterkälte dem Frühling entgegen schlafen. Sie befinden sich, wie die meisten wissen, an den Stellen der Pflanze, wo im Frühjahr Blätter und Blüten austreiben. Blattschuppen, oftmals mit Haaren und Harzen besetzt, umschließen das reiche Innenleben der Knospe und schützen es vor Kälte und stürmischen Winden. Knospen und Triebspitzen bieten vielen Tieren im Winter reichhaltige Nahrung mit einer Fülle von Enzymen, Proteinen und Aminosäuren. Doch nicht nur Tiere, auch Menschen können von der heilenden Wirkkraft junger Pflanzentriebe profitieren, sei es als sogenanntes Superfood, Tee oder als Auszug.

Dieses Wissen ist nicht neu. Bereits Hildegard von Bingen nutzte die Knospen einiger Pflanzen zur Heilung von Erkrankungen. In ihren Werken empfiehlt sie Knospen der Birke, Esche, Esskastanie, Schwarzen Johannisbeere, Silberlinde und des Apfelbaums. Das aus Apfelknospen gewonnene, bekannte Apfelknospen-Öl wandte die Heilerin und Mystikerin zum Beispiel bei Kopfschmerzen, Migräne, Leber- und Milz-Schwäche sowie Bauchschmerzen und Sodbrennen an.

Geschichte der Gemmotherapie

Anfang der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts beschäftigte sich der belgische Arzt Pol Henry mit der Welt der Knospen und entdeckte ihre Wirkkräfte neu. Er entwickelte die sogenannte Phytoembryotherapie, die davon ausging, dass Extrakte des pflanzlichen Embryonalgewebes einen sehr hohen Proteingehalt aufweisen. Bei Erkrankungen, denen eine angenommene Fehlsteuerung der Proteine zugrunde gelegt wird, sollen diese Extrakte der Therapie entsprechend regulierende Wirkung haben und fehlgesteuerte Informationen regenerieren und reparieren können.

Der französische Arzt und Homöopath Max Tetau entwickelte die Phytoembryotherapie weiter und bezeichnete diese schließlich als Gemmotherapie. Dabei gab der Begriff „gemmo“, der aus dem Lateinischen stammt und soviel wie Knospe bedeutet, der Therapie ihren Namen. 2011 wurde die Gemmotherapie schließlich im Europäischen Arzneibuch aufgenommen und den homöopathischen Arzneimitteln zugeordnet.

Die Gemmotherapie verwendet ausschließlich junge Pflanzenteile, die im Begriff stehen, auszutreiben. Dabei handelt es sich vor allem um Knospen, aber auch Kätzchen, Sprossen, Trieb- und Wurzelspitzen kommen bei der Herstellung von Auszügen zum Einsatz. Knospen beherbergen alle Informationen, die eine Pflanze zum Wachsen braucht. Sie sind besonders reich an Aminosäuren, Enzymen, Mineralstoffen, Nukleinsäuren, pflanzlichen Hormonen wie Gibberellinen, Oligosacchariden, Proteinen und Vitaminen. Hinzu kommen die für jede Pflanze typischen Substanzen wie ätherische Öle, Bitterstoffe, Flavonoide, Gerbstoffe, Saponine oder sekundäre Pflanzenstoffe.

Herstellung der Extrakte aus Knospen

Das Herstellungsverfahren der Gemmotherapeutika ist sehr zeitaufwändig. Zunächst werden die frischen Pflanzenteile, die aus Wildsammlung oder zertifiziertem biologischem Anbau stammen, zerkleinert. Die so gewonnenen Extrakte werden für mindestens drei Wochen in Wasser, Alkohol und Glycerin eingelegt, um die Inhaltsstoffe schonend zu extrahieren. Anschließend werden die sogenannten Mazerate gefiltert, 1:9 verdünnt und auf D1 potenziert. Ein wohlschmeckendes, hochwirksames Heilmittel entsteht. Für Kinder eignen sich unverdünnte Mutter-Mazerate besser, da diese wesentlich weniger Alkohol enthalten.

Unter den Knospen-Auszügen befinden sich auch Heilpflanzen, die in der Phytotherapie wenig angewendet werden. Einer der bekanntesten Auszüge aus Knospen ist der aus der Schwarzen Johannisbeere gewonnene (Ribes nigrum). Das Mazerat gilt als pflanzliches Antiallergikum, das die Beschwerden bei Heuschnupfen lindern soll. Auch bei einer sich ankündigenden Erkältung soll der Auszug gute Dienste leisten. Zudem wird dem Gemmopräperat eine entzündungshemmende Wirkung auf den Bewegungsapparat und Magen-Darm-Trakt nachgesagt.

Mazerate als Mundspray

Die Mazerate werden meist als Mundspray eingesetzt. Dadurch gelangen die Wirkstoffe am effektivsten und schnellsten in den Blutkreislauf. Da je nach Symptomen bis zu drei unterschiedliche Auszüge miteinander kombiniert werden können, werden zudem spezielle Komplexmittel aus verschiedenen Pflanzenknospen hergestellt, die auch in der Natur gemeinsam vorkommen. Außerdem eignen sich Gemmopräparate zur Unterstützung anderer Therapeutika, seien es Kräutertees oder homöopathische Mittel. Schulmedizinische Therapien können durch Auszüge ebenfalls ergänzt werden.

Superfood, Tee oder selbstgemachtes Gemmotherapeutikum

Die Power und Heilkraft der Knospen kann sich aber auch jede und jeder selbst zu Hause zunutze machen, – sei es als selbst hergestelltes Gemmopräparat, Tee oder in Form von Superfood, indem die Knospen direkt verzehrt werden. Dabei gilt es allerdings einiges zu beachten.

Ernte der Knospen

Zunächst die Erntezeit: Von Februar bis März, kurz bevor sich die Knospen öffnen, ist die beste Zeit, um zu ernten. Im Winter sind die Knospen noch zu fest. Zudem sind nicht alle Knospen essbar, teilweise sogar giftig, wie beispielsweise die Knospen und Triebspitzen der Eibe oder die von Ziergehölzen. Zu den essbaren Knospen zählen u. a. die der Nadelbäume, des Ahorns und Apfelbaums, der Birke, Eiche, Erle, Esche, Linde, Hundsrose, Kirsche, Rotbuche, Ulme, Walnuss und Weide. Die Knospe der Haselnuss eignet sich bestens als Tee zur Stärkung der Immunkraft oder als Mazerat für die Bronchien.

Besonders wichtig ist es, nur kleinen Menge zu sammeln, gemäß dem Sprichwort: „Äpfel sammelt man in Kübeln, Kräuter im Korb und Knospen im Fingerhut.“ Eine Knospe pro Ast, drei pro Pflanze sollten genügen. Überdies werden die Knospen an der Spitze eines Astes nicht abgepflückt, da die Pflanze diese ganz besonders für ihr Wachstum benötigt. Bei direktem Verzehr wird vor Tierexkrementen und Giftstoffen gewarnt.

Gemmo-Community

Wer mehr zur Heilkraft der Knospen erfahren möchte, dem sei die Website der Gemmo-Community empfohlen. Rund 50 Gemmo-Knospen und ihre therapeutischen Möglichkeiten werden vorgestellt. Die Datenbank lässt sich einfach nach Indikation und Anwendungsgebiet filtern.

Abschließend möchte ich noch auf das Buch „Knospen für die Gesundheit: Praktischer Leitfaden für die ganze Familie“ von Stéphane Boistard hinweisen, das die Gemmotherapie von Ernte über die eigene Herstellung bis hin zur Anwendung näher erläutert. Außerdem werden Methoden zur Herstellung von Essenzen, Ölen, Salben, Tinkturen u. a. vorgestellt und echte Knospen-Köstlichkeiten wie Pestos, Smoothies und grüne Mehle.

Das gebundene Buch „Knospen für die Gesundheit: Praktischer Leitfaden für die ganze Familie“ ist im Buchhandel vor Ort erhältlich oder bei buch7, dem sozialen Online-Buchhandel.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Heilnetz.de. Martina Seifert / Freie Autorin, Text, Lektorat www.martinaseifert.de

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