Transition Towns – Ideen für den postfossilen Wandel

Treffen im Görtlitzer Park: Diese Transition-Aktivisten präsentierten Rob Hopkins ihre Projekte.

Treffen im Görtlitzer Park: Diese Transition-Aktivisten präsentierten Rob Hopkins ihre Projekte.

Von Stephanie Ristig-Bresser.  Am Anfang stand ein Unikurs: 2005 entwickelte der Dozent Rob Hopkins gemeinsam mit seinen Studenten am Kinsale College of Further Education für die dortige Stadt ein Programm, um den Energieverbrauch und die Abhängigkeit von Industrieprodukten zu verringern und die Resilienz der Kommune zu erhöhen. Der Stadtrat nahm das Programm an, Kinsale wurde die weltweit erste Transition Town Initiative – und Rob Hopkins der Begründer einer weltweiten Bewegung.

Heute gibt es in über 50 Ländern mehr als 4000 Transition-Initiativen und -projekte; und auch im deutschsprachigen Raum (D/A/CH) sind inzwischen um die 120 Initiativen aktiv. Ihnen allen ist gemeinsam: Menschen tun sich zusammen und starten eigeninitiativ Projekte, die ihren ganz eigenen Beitrag zum Wandel leisten: Sie gärtnern gemeinsam, entwickeln Nachbarschaftsprojekte, die Energie und/oder Müll einsparen, beginnen zu teilen – und bringen auf diese Weise ihre eigenen kleinen Steine ins Rollen, anstatt nur auf darauf zu warten, dass der „Wandel von oben angeschoben wird“.

Zu Besuch bei vier ausgewählten Transition-Projekten in Berlin
Anfang Juli 2014 besuchte Rob Hopkins anlässlich der Vorstellung seines aktuellen Buches „Einfach. Jetzt. Machen“ vier ausgewählte Transition-Projekte in Berlin, die die bunte Vielfalt der Bewegung wiederspiegeln:
– den Leihladen „Leila“ von Transition Pankow,
– das Obstbaumprojekt der Transition-Initiative „Kiezwandler“ im Görlitzer Park,
– die thinkfarm in Berlin Kreuzberg und
– die Prinzessinnengärten am Moritzplatz.

Gerd Wessling

Gerd Wessling

Gerd Wessling, der die Tour von Rob Hopkins organisierte, Vorstandsmitglied von Transition Netzwerk e.V. : „Wir haben diese Orte und Projekte ausgewählt, weil sie auf vielfältigste Weise den „Geist“ und den Ansatz von Transition vor Ort praktisch umsetzen und erlebbar machen; und das unabhängig davon, ob sie von einer Transition-Initiative oder auch anderen Initiativen initiiert und getragen werden“, erklärte Gerd Wessling, Vorstandsmitglied von Transition Netzwerk e.V. und Mitgründer von Transition Bielefeld, der das aktuelle Hopkins-Buch übersetzt und erweitert sowie die Hopkins-Tour organisiert hat.

*Leila – Gut geteilt ist nachbarschaftlich gewonnen
Die Transition Town Gruppe Pankow hat 2012 gemeinsam mit Gela – Gemeinschaftsladen e.V. den *Leila, den ersten Leihladen Berlins gegründet, der jetzt im Stadtteilzentrum am Teutoburger Platz zu Hause ist. Von der Babyschale bis hin zu hunderten von Brettspielen, von Gartengeräten bis hin zu Spielzeug, von Anziehsachen bis hin zu Küchengeräten – etwas über Tausend Artikel hält der Leihladen für seine etwa 500 Mitglieder zum Verleih bereit. Ausleihen ist kostenlos möglich; für manche Gegenstände fällt lediglich eine kleine Pfandgebühr an. „Dinge gemeinsam nutzen“ ist die Leitidee. Der komplette Geschäftsbetrieb wird von ehrenamtlichen Aktiven gewuppt; die Miete wird über Spenden finanziert.

Schaut sich den Leihladen Leila an: Rob Hopkins (links) im Gespräch mit Nikolai Wolfert (Mitte) und Maike Majewski (rechts), die beide den *Leila mit betreiben

Schaut sich den Leihladen Leila an: Rob Hopkins (links) im Gespräch mit Nikolai Wolfert (Mitte) und Maike Majewski (rechts), die beide den *Leila mit betreiben

„Ich bekomme hier zwar kein Geld mit meiner Arbeit, aber dafür unglaublich viel anderes: Es hat sich hier eine tolle Gemeinschaft gebildet und vieles, für das man sonst Geld braucht, finde ich jetzt über Leihen, Tauschen und Schenken“, erzählt Maike Majewski, die den Leihladen aktiv mit betreibt. Mehr zum Projekt: www.leila-berlin.de

Kiezwandler im Görli: Obstbäume im Park als Pioniere

Im Gespräch über das Görli-Projekt: Andreas Teuchert (links) und Rob Hopkins

Im Gespräch über das Görli-Projekt: Andreas Teuchert (links) und Rob Hopkins

Als vor einigen Jahren der Stadtrat die Anwohner Kreuzbergs dazu aufrief, Ideen für die Neugestaltung des Görlitzer Parks einzubringen, setzte sich die Idee einiger Transition-Aktivisten durch, einen Teil des Parks mit Obstbäumen zu begrünen. Der Gedanke: Mit der gemeinsamen Pflege der Obstbäume die Gemeinschaftsbildung und das Nachhaltigkeitsbewusstsein fördern sowie den Austausch zwischen den Kulturen stärken. Nach einigen Widerständen und Einwänden der Stadt („Wenn das Obst von den Bäumen fällt, könnte es ja Menschen verletzen“) konnte das Projekt schließlich realisiert werden – mit großem und andauerndem ehrenamtlichen Engagement der Aktivisten. Mittlerweile gedeihen über 20 Obstsorten im Park: etwa die Apfelsorten Wintergoldparmäne, der Brettacher Gewürzapfel oder auch die Zabergäurenette. Und das Projekt trägt weitere Früchte: „Bei neuen Begrünungsprojekten hat die Stadtverwaltung den Anbau von Obstbäumen integriert. Ich bin mir sicher, dass wir mit unserem Projekt für diese Thematik sensibilisiert haben“, meint einer der Engagierten, Andreas Teuchert.
Mehr zum Projekt: obstbäume-im-görli.de

Thinkfarm: Slow Dates beim Lunch of Love

Filmproduzent Nils Aguilar („Voices of Transition“) (rechts) übergibt Rob Hopkins einige DVDs des Films

Filmproduzent Nils Aguilar („Voices of Transition“) (rechts) übergibt Rob Hopkins einige DVDs des Films

Die Thinkfarm – das ist ein Co- und Slow-Workingspace für Menschen, die sich für einen sozial-ökologischen Kulturwandel einsetzen, ihn erforschen und vermitteln, – und das mitten im Herzen von Kreuzberg in einem ehemaligen Fabrikgebäude am Kottbusser Tor. „Mindestens einmal monatlich treffen sich die Mieter und Interessierte zu einem „Slow Date beim Lunch of Love“, um sich darüber auszutauschen, welche Lieblingsprojekte sie gerade betreiben, und sich besser kennen zu lernen“, erzählt Boris Woynowski, einer der Betreiber des Co-Workingspaces. Ungefähr 60 Menschen arbeiten hier – vom Filmemacher Nils Aguilar, der die Dokumentation „Voices of Transition“ realisierte, über Mitarbeiter des Vereins Netzwerk N, die sich für eine nachhaltigere Hochschullandschaft einsetzt bis hin zu Startups mit nachhaltigen Geschäftsideen wie etwa Quartiermeister, dem „Bier für den Kiez“.
Mehr zum Projekt: www.thinkfarm.de

Prinzessinnengärten: Ausgezeichnet und expowürdig
Die Prinzessinnengärten sind in den vergangenen Jahren zu einem der Vorzeigeprojekte des Urban Gardening geworden, seit dem Bürgerinnen und Bürger im Jahr 2009 das 6.000 m2 große Brachland am Moritzplan aus Eigeninitiative von Müll und Unrat befreiten und darauf einen mobilen Garten errichteten. Mittlerweile erstreckt sich der Garten über mehrere Hundert Beete und beheimatet ein Gartencafé und insgesamt vier Bienenvölker. Winters dürfen die mobilen Beete in der Markthalle in der Eisenbahnstraße übernachten. Das Projekt schlug Wellen, wurde 2010 mit dem Utopia-Award ausgezeichnet und durfte sich auch auf der Expo 2010 in Shanghai präsentieren.

Blick in die Prinzessinnengärten

Eingangsbereich der Prinzessinnengärten

Mehr zum Projekt: prinzessinnengarten.net/de

Lust loszulegen?
Auch Du möchtest an Deinem Ort aktiv werden und bist auf der Suche nach Gleichgesinnten, um ein Projekt anzuschieben und den Wandel mit zu gestalten? Dann hilft Dir diese Website sicherlich weiter. Hier stellen sich viele Transition-Initiativen in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz vor und Laden zum Aktiv-Werden und sich vernetzen ein. Einen guten Einstieg in die Transition-Thematik liefert auch das aktuelle Buch von Rob Hopkins „Einfach. Jetzt. Machen. Wie wir unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen“.

Rob Hoskins mit Stephanie

Rop Hopkins mit Stephanie

Zur Person: Stephanie Ristig-Bresser ist Kulturwissenschaftlerin und PR-Managerin und beschäftigt sich als Autorin und Akteurin mit den Themen eines nachhaltigen Wandles und nachhaltigen Unternehmertums. Sie hat die Deutschlandtour von Rob Hopkins begleitet. Mehr bei ars.screbendi

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