Yoga war meine Rettung

Lesezeit 8 Minuten –

Von Sabrina Gundert. Seit 2014 leitet die Österreicherin Laya Kirsten ein Yogastudio in Linz, ist erfolgreiche Unternehmerin, arbeitet als freie Journalistin, ist Mutter und Ehefrau. Und vor allem eines: glücklich. Und doch gab es da diese Zeit vor 13 Jahren, als alles zusammenbrach. Als sie ungewollt schwanger wurde, ihre Ehe zerbrach, ihr Mann sie verließ und sie mit ihm auch ihre beiden geliebten Stiefkinder verlor.

Als der Weg sie zurück in ihre Heimatstadt führte, wo sie kein Netzwerk und kaum berufliche Perspektiven hatte – und dass, wo sie doch gerade ihr Studium zur Journalistin beendet und ein sensationelles Jobangebot bekommen hatte.

Es folgten zwei Jahre absoluter physischer und emotionaler Überforderung. Ohne Schlaf, ohne Ruhe und mit heftigen Essattacken.

Bis sie auf der Matte landete. Beim Yoga. Heute sagt sie: Yoga war meine Rettung. Ebenso wie die tiefe Erfahrung, dass alles gut ist – jederzeit.

Laya Kirsten, mitten hinein in deine tiefste Krise gab es da plötzlich dieses Wissen: Alles ist gut. Was war geschehen?
Ich weiß es noch genau, es war am 7. August 2004, mein erstes “Satori”, sozusagen ein kleiner Erleuchtungsmoment. In einem Moment größter Verzweiflung breiteten sich plötzlich tiefer Frieden und tiefe Stille in mir aus.

Plötzlich nahm ich die Wirklichkeit um mich herum mit völlig neuen Augen wahr. “Niemand wird diesen Knoten für mich lösen”, habe ich damals in mein Tagebuch geschrieben. “So lange ich darauf warte, dass ein Impuls von außen mich rettet, wird nichts geschehen. Alles ist in mir. Und ich werde graben. Tief. Heute ist ein glücklicher Tag.”

Ja, und damit begann alles …. diese tiefe Sicherheit, dieses Aufgehoben- und Getragensein haben mich seither niemals mehr verlassen. So schwierig die äußeren Umstände auch manchmal waren – ich wusste stets, dass ich zu dieser Stille und diesem Frieden in mir Zuflucht nehmen kann.

Dass ich heute mein Leben mit einem wunderbaren Mann teile (sogar mit Trauschein :)) und erfolgreiche Unternehmerin bin, sind nur angenehme äußere Nebeneffekte von vielen Jahren intensiver innerer Arbeit mit allen Höhen und Tiefen … und diese Arbeit hört natürlich niemals auf … aber sie wird leichter!

Heute bist du Inhaberin eines Yogastudios, Journalistin, Autorin, Bloggerin, Mutter eines 13-jährigen Sohnes – wie bleibst du bei der Vielzahl dieser Aufgaben in deiner Kraft?
Durch die Begeisterung! Sie ist die unerschöpflichste Kraftquelle, die ich kenne. Die Begeisterung verleiht Flügel. Wenn ich mich kreativ entfalten kann, wenn meine Ideen Form annehmen und Wirklichkeit werden, gibt mir das unendlich viel Energie. Ich liebe den Begriff „Plorking“ – eine Mischung aus „Play“ und „Work“. Für mich ist es auch „Pleasure“ und „Work“ – meine Idealvorstellung von Arbeit.

Natürlich behalte ich auch meine Energieräuber, die ich schon recht gut kenne, so gut es geht in Schach. Das sind einerseits Sorgen und Zweifel, andererseits auch Routinearbeiten, die mich langweilen. Perfektionismus kann auch sehr lähmend sein. Außerdem Menschen, die ständig darüber nachdenken, warum etwas NICHT geht, statt darüber nachzudenken, WIE es gehen könnte.

Und schließlich mache ich viel Yoga und Bewegung, fahre fast ausschließlich mit dem Fahrrad und ernähre mich bewusst und so zuckerfrei wie möglich. Nur die Sache mit dem ausreichenden Schlafen klappt noch nicht so recht :).

Passiert es dir manchmal, dass du deinen Weg aus den Augen verlierst und auch mal ungewollte Umwege gehst?
Ständig! Nicht umsonst habe ich acht Jahre lang Physik und Mathematik studiert und dann im Gymnasium unterrichtet, obwohl ich tief in mir schon immer wusste, dass ich am liebsten schreiben und die Magie der Worte erforschen möchte.

Ganz oft sabotiere ich mich auch selbst. Habe Angst vor meiner eigenen Größe, vor Erfolg, vor Wohlstand, vor zu viel Glück :).

Es braucht einfach Zeit, um die alten, einengenden (Gedanken-)Muster abzulegen, um zu erkennen, dass die Gitterstäbe sich ausschließlich im eigenen Kopf befinden … und dass wir immer schon frei waren, alles zu tun, was wir wollen – es uns aber selbst nicht erlaubt haben, unter anderem aus Angst vor dem Unbekannten oder davor, nicht mehr geliebt zu werden, wenn wir plötzlich anders agieren, als die Menschen es von uns gewohnt sind.

Wie schaust du im Rückblick auf diese Umwege – hast du auch Wundersames, Überraschendes, Verblüffendes auf ihnen entdeckt?
Vor allem habe ich entdeckt, dass es keine Zufälle gibt. Unsere Seele führt uns – immer. Oft braucht es Krisen, braucht es die intensive Erfahrung dessen, was NICHT unseres ist, was NICHT Selbstliebe ist und dem Seelenweg entspricht, um wieder auf Kurs zu kommen.
Immer wieder erleben wir es auf unserem Herzensweg, dass wir plötzlich vor einem riesigen Berg stehen und zwar wissen, was wir wollen, aber nicht, wie es funktionieren kann.
Ähnlich ist es dir mit der Eröffnung deines Yogastudios 2014 gegangen – erst haben sich keine Räume gefunden, dann ist deine Geschäftspartnerin kurz nach der Eröffnung ausgestiegen. Was hat dir in dieser Zeit den Mut gegeben, dranzubleiben und deinem Weg unbeirrt weiter zu folgen?

Weil in dieser Zeit auch meine Eltern sehr schwer erkrankten und ich mich um sie kümmern musste, kamen mir Zweifel, ob ich auf dem richtigen Weg war. Der wirtschaftliche Druck war enorm, und mein Körper meldete sich mit Magenschmerzen und anderen Stresssymptomen.

Geholfen haben mir immer wieder die Meditation, das Zurückziehen in mich selbst und das Annehmen der Situation, wie sie nun eben gerade war.

Zum Jahreswechsel bin ich dann allein verreist, habe eine Auszeit genommen und bin in die Stille gegangen. Während dieser Zeit ist der Leopard als Krafttier zu mir gekommen. Er hat mir mitgeteilt, dass ein einsamer Weg vor mir liegen, aber dass ich auch die Kraft dafür aufbringen würde.

Damals habe ich eine klare Entscheidung getroffen, die yogalounge alleine weiterzuführen. Diese Klarheit war der Schlüssel. Heute blüht und floriert das Unternehmen, steht nach nicht einmal einem Geschäftsjahr wirtschaftlich auf soliden Beinen, und auch eine neue Partnerin ist in Sicht.

Nehmen wir mal an, eine Frau kommt nach einer deiner Yogastunden zu dir und sagt: Laya Kirsten, ich würde ja gerne meinen eigenen Weg gehen, aber ich weiß nicht, wie! Wie ich herausfinden soll, was ich eigentlich will und wie ich den ersten Schritt auf diesem Weg gehen kann? Was antwortest du ihr?
Geh in die Stille. Sie hat alle Antworten für dich.

Das wäre meine erste Antwort, mein erster Impuls. Aber ich habe auch eine zweite Methode, dich ich selbst schon angewendet habe, als ich Klarheit brauchte. Ich habe sieben oder acht Menschen aus meinem Umfeld gebeten, mir drei Fragen zu beantworten:

Was ist – aus deiner Sicht – meine größte Stärke, mein größtes Talent?
In welcher Situation würdest du mich um Hilfe bitten oder um Rat fragen?
Womit, denkst du, blockiere ich mich selbst am meisten?

Die Antworten waren sehr aufschlussreich – vor allem, dass auf die dritte Frage fast alle mit „Mit deiner Ungeduld“ geantwortet haben :).


Wenn wir nun gemeinsam vor deiner ausgebreiteten Lebenslandkarte stehen, in der alle Berge und Täler, alle Hürden, die du genommen hast, alle Schätze, die du entdeckt hast, verzeichnet sind – was ist das Wichtigste, das du bislang auf deinem Weg für dich gelernt hast?

Erstens, dass es im Grunde keinen Weg gibt. Wichtig ist nur, dass wir nicht stehenbleiben, sondern immer weitergehen. Große Schritte, kleine Schritte, Babyschritte, Stolperschritte – egal.

Zweitens: Entwicklung passiert nur außerhalb der Komfortzone. That’s where the magic happens!

Drittens, dass ich Teil einer perfekten Schöpfung bin. Mich selbst zu kritisieren oder anders haben zu wollen, als ich bin, zeugt von Respektlosigkeit dieser Schöpfung gegenüber. Die einzig angemessene Haltung – und gleichzeitig die größte Herausforderung – ist radikale Selbstliebe … ein lebenslanger Übungsweg!

Viertens Demut. Es gibt da diesen unergründlichen tiefen Fluss, diese größere Weisheit. Je mehr ich strample und rudere, desto anstrengender wird das Leben. Je mehr ich mich diesem Fluss anvertraue, desto natürlicher und müheloser entfaltet sich alles.
Gibt es einen Satz – oder eine Yogastellung? – die dich schon lange begleitet? Wenn ja: Was gibt er oder sie dir?

„Alles ist fantastisch, bloß weil es geschieht“ – diesen Satz habe ich von einem meiner buddhistischen Lehrer gehört. Das Leben ist ein Wunder – egal, ob ich es gerade als angenehm oder unangenehm empfinde … eine sehr befreiende Sichtweise!

Mittlerweile ist der Kopfstand eine meiner Lieblings-Yoga-Übung. Ich habe ewig gebraucht, um mich darin sicher zu fühlen. Dass ich heute fast täglich Kopf stehe, ist ein Triumph über meine Angst, und über Glaubenssätze wie „Das kann ich nicht“ oder „Das lerne ich nie“.

Mehr zu Laya Kirstenauf ihrer Website

Zur Autorin: Sabrina Gundert (26) begleitet Frauen dabei, ihren einzigartigen Weg zu entdecken – und ihm zu folgen. Mit der Herzensweg-Akademie bietet sie online eine kontinuierliche Begleitung auf dem eigenen Weg an. http://www.handgeschrieben.de

Sharing is caring 🧡
Gastbeitrag
Gastbeitrag

Viele wertvolle Gastautorinnen und -autoren unterstützen und schreiben für die Newslichter. Informationen zu der jeweiligen Person finden sich am Ende des Autorentextes.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert