Ja, ich bin traurig!

Foto: albertoadan / Pixabay

Von Mia Brummer. Wenn wir uns erlauben, tiefer hinzuspüren, was die Isolation und das Herausgerissen-werden aus unserem Alltag mit uns macht, dann werden wir hinter der Unsicherheit, der Angst und allen Abwehrstrategien, die unser Ego jetzt auffährt, eine tiefe Trauer wahrnehmen. Denn, auch wenn wir nicht wissen, was die Zukunft bringen wird, so können wir sicher sein: Die Welt wird nie mehr so sein, wie sie vor dem Virus war.

Dem Einen macht das Angst, der Andere flüchtet in Euphorie, weil nun endlich das Goldene Zeitalter beginnt. Doch egal, wie wir mit der derzeitigen Situation umgehen, Verluste werden unweigerlich kommen: Der Verlust der Normalität, der Verlust ökonomischer Sicherheit, der Verlust von Verbindungen; das trifft uns und letztendlich geht kein Weg daran vorbei, zu trauern. Als Einzelner. Gemeinsam. Als Kollektiv.

Es liegt etwas Großes darin, Trauer anzuerkennen und sie auch so zu benennen.

Es hilft uns zu fühlen, was in uns ist. Wenn du es benennst, fühlst du es und es bewegt sich durch dich. Emotionen brauchen Bewegung. Es ist wichtig, dass wir anerkennen, was wir durchmachen und uns trauen, dies auch offen zu bekunden.

Ja, ich bin traurig

Erlaube Dir, Deine Traurigkeit, Angst und Wut zu spüren. Hab` keine Angst davor, dass Dich Deine Gefühle überrollen. Ein Gefühl taucht auf, nimmt sich den Raum und bewegt sich durch Dich durch. Wenn Du Dir erlaubst, es zu fühlen, es nicht zu deckeln oder zu ignorieren, bewegt es sich durch Dich wie eine Welle und dann fließt es ab. Du fühlst es, es fließt durch Dich und dann kommt ein weiteres Gefühl.

Es ist absurd zu glauben, wir sollten jetzt keinen Kummer empfinden. Erlaube Dir, den Kummer fühlen. Wenn wir zulassen, dass die Gefühle durch uns fließen, dann stärkt uns das, weil wir keine Energie mehr aufwenden müssen, etwas zu deckeln. Dann erleben wir uns nicht mehr als Opfer.

Elisabeth Kübler Ross, Expertin für Verlust, Tod und Trauer, hat fünf Trauerphasen erforscht, die ich kurz auf unseren Umgang mit dem Virus übertragen möchte:

Phase Eins – Ablehung „Dieser Virus hat keinen Einfluss auf mich“

Phase Zwei: Ärger „Du bringst mich dazu, zu Hause zu bleiben und nimmst mir meine Aktivitäten“

Phase Drei: Verhandlung „Okay, wenn ich zwei Wochen lang soziale Distanz habe, wird alles besser, oder?“

Phase Vier: Trauer „Ich weiß nicht, wann dies enden wird.“

Phase Fünf: Akzeptanz „Ok, es ist nun mal so, wie es ist. Ich muss herausfinden, wie ich vorgehen soll.“

Akzeptanz ist der Ort, an dem die Macht liegt. An der wir unserer Wirkkraft wieder bewusstwerden. In der Akzeptanz finden wir die Kontrolle wieder. Ich habe es in der Hand, meine Hände zu waschen. in der Akzeptanz. Ich kann einen sicheren Abstand halten. Ich kann lernen, virtuell zu arbeiten. Ich kann mit meinen Freunden übers Telefon Kontakt halten.

David Kessler, einer der derzeit anerkanntesten Experten in Sachen Trauer, hat meiner Meinung nach eine sehr wichtige sechste Phase im Trauerprozess entdeckt:

Sinn oder Bedeutung.

Denn dem, was geschehen ist, eine Bedeutung zu geben, erlaubt uns, zu vergeben. Uns zu vergeben, dem Gegenüber zu vergeben, der Situation zu vergeben und den Sinn zu erkennen, der darin verborgen ist.

Eines muss uns dabei klar sein: es gibt keine Abkürzung. Die Trauer zu umgehen, um sich gleich mit dem Sinn zu beschäftigen, ist eine Flucht, kein Gang durch das Unvermeidliche.

In welcher Phase befindest Du Dich gerade? Ich wünsche Dir, den Mut, hinzuschauen.

Von Herz zu Herz,  bitte bleib gesund,

Mia

Mia Brummer

Mia Brummer bietet seit 15 Jahren in ihren schamanischen Seminaren die Möglichkeit, sich in und mit der Natur zu erfahren und zu entfalten. Sie begleitet Dich bodenständig und humorvoll bei Deiner Reise durch`s Medizinrad, bei Deiner Visionssuche und Frauen in ein authentisches Weib-Sein damit Du wieder Deine vollen 360° des Lebens lebst! Im Moment bietet sie auch online viel an. Hier mehr.

 

 

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18 Kommentare zu “Ja, ich bin traurig!
  1. Gerlinde sagt:

    Liebe Mia,
    danke für deine Worte.
    Ja es ist ein Trauerprozess.
    Und es ist gut, dies zu benennen.
    Danke.
    Gerlinde

    • Mia Brummer sagt:

      Liebe Gerlinde, Danke Dir für Deine Rückmeldung! Dinge beim Namen zu nennen, Situationen anzuerkennen ist, so glaube ich, ein ganz wichtiger Weg, nicht steckenzubleiben im Prozess. Und „durch“ müssen wir alle. Von Herz zu Herz, Mia

  2. Monika sagt:

    Ich danke dir von Herzen für deinen so wertvollen Beitrag! LG Monika

  3. Viola sagt:

    Liebe Mia,
    vielen lieben DANK für diese wertvolle Auslegung, bzw. der Einladung einer neuen Hinschau auf das, wie unsere Emotionen in dieser Zeit reagieren…
    Meine NORD/SÜD Fernbeziehung erfährt z.Zt. ein neues Miteinander… Mein Liebster und ich, werden uns längere Zeit nicht sehen- und wo es uns am Ende (sofern es ein Pandemie-Ende geben wird) hinführt, liegt in Gottes Hände…Da ist eine gr. Traurigkeit, aber auch eine “ NEU-BESINNUNG und NEU-FINDUNG “ für uns beide…
    Sende liebevolle Grüsse
    Viola

  4. Liebe Mia!
    Hab Dank für den Blick auf die Phasen, in denen wir uns befinden und die wir zulassen dürfen, damit sie durch uns hindurchfließen. Ich selber bin diesen Weg dutzende Male in Begleitung meines Psychokinesiologen gegangen und habe so viele alte Ängste und Gefühle verstanden, sie zu- und schließlich loslassen können.
    Was mir dabei auch immer wieder begegnete, ist, dass auch die Geschichte unserer Ahnen eine große Rolle spielt, es also Sinn macht, auch systemisch zu schauen.
    Ich bin Kriegsenkel und all die Ängste, die nicht bewältigte Trauer und alle anderen Gefühle meiner Eltern, Groß- und Urgroßeltern, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden, potenzieren und bedingen meine eigenen Gefühle.
    Ein heilsamer Weg, auch die Ahnen liebevoll anzuerkennen, für das, was sie erlebt und erlitten haben, um die eigenen Gefühle noch besser zu verstehen.

    Ich wünsche uns allen einen heilsamen Weg

    Bleibt behütet und gesund
    Imke

    • Mia Brummer sagt:

      Liebe Imke, da stimme ich Dir voll und ganz zu. Und: der Weg ins authentische Sein darf Schicht um Schicht gegangen werden. Vom Aktuellen bis hin zu unseren Ahnen und möglicherweise auch in alte Inkarnationen. Ich denke, man muss nur aufpassen, sich nicht zu verheddern oder sich aus dem, was sich gerade im Hier und Jetzt als Heilungschance anbietet, zu flüchten. Heilung, so lernte ich von meinen Lehrern, findet im JETZT statt. Und so sind wir alle dazu eingeladen, langsam unsere Schichten zu durchwandern, Gefühle kommen und gehen zu lassen und damit jeden Tag ein Stück heiler zu werden. Hab`Dank für Deine wertvollen, unterstützenden Gedanken!, Von Herz zu Herz, Mia

      • Liebe Mia, da bin ich ganz bei dir! Auch ich bin diesen Weg nicht allein, sondern mit wundervollen Begleitern gegangen, die immer wieder die Verbindung ins Hier und Heute hergestellt haben.

        Ich empfinde Hochachtung und Liebe für meine Ahnen, gleichzeitig wissend, dass wir ganz andere Möglichkeiten der Reaktion haben und diese auch nutzen – z.B. indem wir uns hier auf „newslichter“ verbinden und austauschen.

        Danke, liebe Bettina, für den Raum dazu!

        Herzensgrüße
        Imke

  5. Mia Brummer sagt:

    Liebe Viola, ich kann Dich sehr gut verstehen! Meine Fernbeziehung – mein Lebensgefährte lebt in Chile – hat sich durch die Umstände in eine Nah-Beziehung gewandelt: wir lesen uns Poesie vor, kochen per Zoom gemeinsam, lassen tiefer in uns blicken, jetzt, wo der Alltag viel leiser geworden ist. Ich wünsche Dir/euch von Herzen, dass ihr das Geschenk, das darin liegt, gemeinsam auspacken könnt. Von Herz zu Herz, Mia

  6. Alexandra Thoese sagt:

    Vielen Dank liebe Mia für deinen so wertvollen Beitrag. Der Weg geht nur mit allen Gefühlen zu gehen. Und ja, ich bin traurig. Von Herzen liebe Grüße zu dir. Alexandra

  7. Dorothée Hansen sagt:

    Liebe Mia,
    hab HERZENsdank fürs In-Worte-Bringen dessen, was gerade dran ist.
    Ich bin diesbezüglich in absoluter Resonanz mit dir.
    Zu fühlen, was gefühlt werden will – das ist für mich eh und je Leben!
    Und so lasse auch ich die Traurigkeit, die in mir fühlbar ist, aufsteigen, sich ausdrücken und dadurch abfließen, im Wissen, dass ich auch damit mit allen verbunden bin!
    Alles Liebe zu dir und für dich – und eine Jede/einen Jeden!
    Namasté,
    Dorothée

  8. Oliver sagt:

    hmmmmmm …

    „Die Welt wird nie mehr so sein, wie sie vor dem Virus war.“

    Natürlich nicht. Denn die Welt verändert sich – alles verändert sich fortlaufend. Und das ist gut so. Allerdings führt uns die aktuelle Situation genau das wieder einmal ganz deutlich vor Augen. Wir sehen, spüren, fühlen und erfahren es jeden Tag – am eigenen Leib.

    Es wird Spuren hinterlassen – das Abstandhalten. Vielleicht ist genau das richtig gut für uns alle, auch wenn es sich derzeit für viele wahrscheinlich nicht so anfühlt. Wie wäre es, wenn jeder die individuelle Privatsphäre des anderen respektiert und nicht wie ein Elefant im Porzellanladen ungefragt hindurch spaziert? Wie wäre es, wenn wir es als eine Ehre empfänden, wenn uns jemand in seinen privaten Bereich einlädt?

    Wir wissen nicht, wohin und wie sich die Situation entwickeln wird, wann wir uns wieder in die Arme fallen dürfen. Und so bleibt am Ende nur, alles demütig anzunehmen.

  9. Liebe Mia,

    danke dir für diesen wertvollen Text! Er erinnert mich an die beiden Sätze, die mich schon lange begleiten: Was ist, darf sein. Was sein darf, wandelt sich.
    Ich erlebe die Phasen der Trauer so, dass sie sich immer wiederholen, ich jedoch immer wieder an einem neuen Standort rauskomme. Also, dass Ärger immer wieder kommt, Ablehnung, etc. Dass auch Akzeptanz immer wieder kommt, vergeht, etc. Vielleicht endet dieser Prozess, wenn irgendwann vor allem Sinn und Bedeutung oder Akzeptanz da sind. Doch ich glaube (und erlebe es so), dass auch dann immer wieder Momente von Ärger und den weiteren Phasen möglich sind – ob jetzt oder auch im Umgang mit dem Tod eines Menschen.

    Teil I

  10. Ich möchte etwas von meiner Traurigkeit erzählen. Ich lebe seit sieben Jahren grenznah, wenige Kilometer entfernt von der Schweiz. Hier im Süden Deutschlands, am westlichen Bodensee, fühle ich mich oft der Schweiz näher als Deutschland. Es gibt diese geographische Hürde, den Schwarzwald, der uns hier uns der Schweiz, Österreich und Liechtenstein – in Verbundenheit auch um den Bodensee – zugehöriger fühlen lässt. Ich bin oft in der Schweiz, privat wie beruflich, mich verbinden viele Orte und Projekte damit. Als Wohnende am Bodensee ist es hier auch ganz normal, mal eben in die Schweiz, nach Österreich oder Liechtenstein zu fahren – es gibt länderverbindende Zugtickets wie auch Fähren.

    Als die Grenzen geschlossen wurden, bin ich in den Wald gegangen und habe geweint. Es hat sich angefühlt, als seien es neben meinen eigenen Tränen auch kollektive.

    Teil II

  11. Über diese Verbindung, die über viele Jahrzehnte und länger entstanden ist. Über die Zeit, die es gebraucht hat, bis die Grenzen geöffnet wurden und die Länder so verbindend wurden. Jetzt sind die Grenzen zu. Ich spüre eine Heimatsehnsucht. Heimatliebe. Ich wusste nicht, wie sehr ich die Schweiz, die Berge, die Alpen und diese ganze Region, die so eins ist und jetzt doch wieder durch Grenzen getrennt, liebe. Das macht mich demütig, öffnet mein Herz. Manchmal höre ich Schweizer Radio, um den Klang der Stimmen zu erinnern. Ich sehe die Alpen, sie sind so nah, von meinem Wohnort aus. Ich schaue, weine, bin dankbar, stelle mir manchmal vor, wie es ist, das nächste Mal, wenn ich wieder in Schaffhausen bin, durch die Berge fahre, liebe Schweizer Freundinnen und Kollegen besuche. Es macht mich demütig und weitet mein Herz. Das bleibt für den Moment.

    Herzlich mit Dank für diese Einladung durch diesen Text,
    Sabrina

    Teil III Danke!

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