Obhut

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Von Claudia Shkatov für Abraham Dies ist eine Zeit, in der sehr viele von uns sich sehr viele Gedanken über geliebte und überhaupt über andere Menschen und ihr Wohlergehen machen. Und ich hab‘ mich gefragt, was ich und wir wirklich tun können und was das für eine Hilfe sein könnte, die einen echten Unterschied macht.

Das Wort Obhut kam mir in den Sinn. Es taucht im Deutschen erstmals gegen Mitte des 16. Jahrhunderts auf und lässt sich laut Wikipedia in seiner Bedeutung zurückführen auf die Begriffe „Obdach“ und „Hut“. Es gefällt mir daraus einen Kern abzuleiten, der in etwa so klingt wie „oben/über mir ein Dach“ und „auf meinem Kopf ein Hut“.

Im Englischen gibt es ein für mich noch viel schöner klingendes Wort, nämlich „Care“. Ob nun deutsch oder englisch, in beiden Fällen geht es darum, dass wir uns um andere Menschen kümmern, für jemanden sorgen, ihm oder ihr unsere Aufmerksamkeit, Schutz und Zuwendung schenken. Es geht darum, dass uns jemand anders wichtig und wertvoll ist.

Wie können wir am besten für einander da sein?

In meinen letzten beiden Texten ging es um Freiheit und Verantwortung. In diesem geht es darum, wie wir am besten für einander da sein können in dieser Zeit. Und ich komme zu dem Schluss, dass es dabei im Wesentlichen für jeden von uns darum geht, alles zu tun, um in unserer Mitte, Kraft und Größe zu landen. Denn nur von hier aus haben wir wirklich etwas zu teilen mit einander. Und es geht darum, dass wir alle einander zutrauen, dass wir das können. Ich glaube, für viele von uns ist die Zeit der Beschäftigung mit unseren Traumata vorbei. Sie hatte ihre Berechtigung. Sie gab uns einen sicheren Raum, um langsam wieder zu uns zu kommen. Doch jetzt ist die Zeit reif für Kraft und Ausrichtung. Und vermutlich ist sie auch reif für ein neues Verständnis von Trauma. Zumindest möchte ich ein Denkangebot, ein Angebot für eine mögliche neue Perspektive auf Trauma machen:

Was, wenn mein Trauma in Wahrheit schon immer eine einzigartige Fährte war, die mich zu einer Kraft und Begabung führt, welche ich ohne das Trauma nie im Leben finden könnte? Was, wenn mein Trauma sogar das Tor zum Traum meines Lebens ist, den ich vielleicht selbst noch gar nicht in seiner ganzen Pracht und Möglichkeit erfassen kann? Was, wenn ich weder Benachteiligte/r, Opfer noch Patient*in mit einer Diagnose bin, sondern ein Mensch mit einer ganz bestimmten Erfahrung, Begabung und einem unikalen Geschenk. Ein Profi in einem ganz konkreten Thema mit einer ganz konkreten Seelenenergie, deren Skala auf der einen Seite von meinem individuellen Trauma beschrieben wird und auf der anderen Seite von meinem einzigartigen Traum vom Leben.

Und stell Dir vor, die Begegnung mit allen Facetten des Traumas wäre unsere Forschungsreise, die uns ausbildet für all das, was auf der anderen Seite der Skala unseren persönlichen Traum vom Leben ausmacht. Vielleicht ist heute der Tag gekommen, an dem ich mich am Nullpunkt in der Mitte der Skala angekommen, neu ausrichte auf die Seite der Skala, auf der mein Traum liegt. Mich hierhin zu wenden, wird mich denselben Einsatz an Energie kosten wie die andere Richtung. Nur mein Zugewinn an Energie, Kraft und Lebensfreude wird unvergleichlich höher sein.

Dies ist kein Aufruf zur Abschaffung von Therapie. Und auch keine Verharmlosung traumatischer Erfahrungen und Schmerzen. Ich kenne sie selbst nur zu gut. Ich weiss einfach, dass das Leben niemals Fehler macht. Und daher lade ich Dich ein in Richtung einer neuen Perspektive auf das Leben und auf uns. Ich bin ihr gefolgt. Und sie macht mich froh und immer kraftvoller. Diese Freude und Kraft möchte ich mit Dir teilen.

Was also ist für mich Obhut? Sie ist die Fähigkeit selbst in meiner Kraft zu sein, und den Weg dahin zurück zu kennen, wenn ich es mal nicht bin. Sie ist mein sicheres Gespür für Rhythmen und Zyklen, für Pausen- und Powerphasen. Und sie ist der natürliche Impuls zu wachsen und mich auszudehnen. Und dann ist sie die Freude, mich aus dieser Kraft heraus mit anderen zu teilen und all das zu sein und zu werden, was ich in der Welt sehen will.

Hier beginnt die Geschichte meines Traums. Und die meines Traumas endet.

Worauf können wir vertrauen?

Niemandem ist geholfen, indem wir uns ausrichten auf etwas, was wir nicht in unserem Leben sehen wollen. Niemand wird gesünder, indem ich möglichst krank werde. Niemand wird reicher, indem ich möglichst arm bleibe. Und niemand wird glücklicher, indem ich unglücklich bin. Das, was wir nicht wollen, ist da um uns mehr Klarheit zu schenken in Bezug auf das, was wir wollen. Wie genial! Und Letzteres braucht dann unsere ganze Ausrichtung.

Wir können niemandem helfen und für niemanden sorgen, wenn wir nicht aus unserer eigenen inneren Freude, Kraft und Mitte kommen. Egal was wir tun und sagen. Und wir können für niemanden ein Geschenk sein und nachhaltig positive Veränderung in seinem/ihrem Leben bewirken, wenn wir nicht in der Lage sind, ihn oder sie in seiner/ihrer Kraft und Schönheit zu sehen. Egal, wo ein anderer Mensch gerade physisch, emotional, altersmäßig oder auch wirtschaftlich steht. Wenn wir ihn oder sie für hilfsbedürftig, krank, arm, unfähig und schwach halten, sind wir keine Hilfe für andere dabei, nachhaltig in die eigene Kraft, den eigenen Frieden und die eigene Führung zu kommen. Und das ist es, was jeder Mensch will. Auch diejenigen von uns, die zu den Ältesten gehören und sich vielleicht sogar gerade auf den Weg aus ihrem physischen Körper und in eine neue Dimension begeben.

Obhut beginnt und endet immer mit ehrlicher Zuversicht und Vertrauen in die Kraft, Führung und das Morgen derjenigen, die wir unterstützen wollen. Egal in welcher Dimension ihr Morgen sich befinden wird. Denn wir können immer nur uns selbst verändern. Ich glaube, am Ende des Tages ist Obhut auch einfach nur unser Vermögen das Dach und den Hut einer Erde und eines Universums über uns zu spüren, die gut und sicher sind. Daraus erwächst automatisch die Fähigkeit andere in der Erfahrung einer wohlwollenden Erde und eines friedfertigen Universums zu unterstützen. Dies ist für mich die nachhaltigste und stärkste Form von Obhut, die wir Menschen uns geben können.

Die besten Verbündeten, die ich kenne, um dieses Vermögen wieder zu entdecken, sind die Pflanzen- und Tierreiche unserer Erde.

Claudia Shkatov
TELLING A NEW STORY

www.claudiashkatov.com
Transformational Coaching for Life & Business

Verantwortung

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8 Kommentare zu “Obhut
  1. Miriam sagt:

    Danke liebe Claudia, du Hüterin deines warmen Herzens und Teilende von Einsicht und Stärkung. Dank dir von Herzen für diese segnende Fülle, die du für uns in die Luft wirfst. Mir so warm, so schön, so ermutigend und meinen eigenen Anker vertiefend, von dir zu lesen. Sich selbst und einander solcher Segen sein ist ein Reichtum, der sich mit nichts vergleichen lässt!

  2. Monika sagt:

    Liebe Claudia, vielen Dank für diesen Test!!!

  3. Michelle sagt:

    Liebe Claudia
    Auch ich sah schon lange die Ähnlichkeit der beiden Worte „Trauma“ und „Traum“ und dachte über eine mögliche heilsame Verbindung nach. Du hast das so schön beschrieben, und es gibt eine englische Liedzeile von L.Cohen, der in dieselbe Richtung geht:
    „There is a crack in everything- that’s how the light gets in.“
    Ich danke dir von Herzen für deine Worte.
    Liebe Grüsse
    Michelle

  4. Wim Lauwers sagt:

    Danke Claudia: Ja, Ja, Ja!!

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