Die Angst der anderen

„Sie sind ja von der Top-Consultant zur Hippie geworden. Ich kenne Sie ja noch im grauen Anzug.“ Eine Berater-Kollegin kam an unseren Stand, kannte mich von verschiedenen Vorträgen zum Wertebasierten Management und ist seit einigen Jahren als Coach in Großunternehmen unterwegs. Sie machte mir ein Kompliment für meine Ausstrahlung und nannte mich dann Hippie.

Ich sagte nichts dazu und sah sie an: Sie wirkte abgespannt und ihre Augen waren voller Sehnsucht. Ich fragte sie nach ihren Aktivitäten und sie berichtete von einem großen Auftrag bei einem deutschen Konzern. Sie solle Menschen coachen, die schon lange nicht mehr voll arbeitsfähig seien aber noch immer auf der Payroll stünden. Und die Führungskräfte wollten bei den Coachings anwesend sein.

Ihr selbst war längst klar, dass sie mit diesem Deal gegen alles verstieß, woran sie glaubte und wofür sie sich vor Jahren auf den Weg gemacht Ihr hatte. Ich fragte sie, warum sie sich so viel Schuldgefühl und Selbstverleugnung antue. Ihre Begründung war, dass „im Business“ noch immer Effizienz und Rendite regierten – und dass Menschlichkeit und Aufrichtigkeit nur eine nachgeordnete Rolle spielten. Es gäbe im harten Geschäftsleben noch immer keine Toleranz für das, was wir alle längst im Herzen wissen. Die Führungskräfte hätten selbst nicht den Mut, zu ihren inneren, persönlichen Überzeugungen und Sehnsüchten zu stehen.

Die Angst der anderen.

Ihre Begründung stand einige Minuten im Raum.
Und dann sprach ich sie auf ihre eigene Angst an: Das Gesicht zu verlieren, als unprofessionell zu gelten, als „Hippie“ verurteilt zu werden und damit ihre Lebensgrundlage – ihr Einkommen aus solchen Beratungsaufträgen zu verlieren. Sie begann zu weinen – und ich nahm sie in den Arm und sagte: „Weißt Du, ich gehe nach dem Räucherritual mit all diesen Leuten auf dem Festival zu einer Vorstandsrunde. Vielleicht habe ich nicht einmal Zeit, meine „weiße Kluft“ gegen ein beiges Kostüm auszutauschen. Und ich sage dort, was ich sehe: Die Angst, nicht zu genügen, die Härte, die aus jahrelanger Selbstverleugnung entspringt und die Kompensation über eine Effizienz, die selbst das letzte Mitgefühl auslöscht.“

Nicht bei den anderen.
Genau hier!

Der Wandel, nach dem wir uns alle so sehnen, beginnt bei uns selbst.
Wir wissen das. Und es gibt NICHTS WICHTIGERES in unserem Leben, als den Mut zu fassen, daran zu glauben und danach zu leben. Ohne Kompromisse und Entschuldigungen.

Wenn wir nicht den Mut haben, zu unserem Herzen zu stehen, ist unsere Schaffenskraft blockiert.
Wenn wir uns den Herausforderungen des ganz normalen Lebens nicht stellen – mit offenem Herzen – dann bleibt unser Potential ohne Wirkung.

Wenn wir uns aber an die – nicht ganz leichte – Arbeit machen, all die Entschuldigungen und Begründungen in uns aufzudecken und zu transformieren, wiederentdecken, wofür wir in dieses Leben gekommen sind und mit ganzer Kraft hierfür einstehen – eröffnet sich eine veränderte Wirklichkeit.

Die Gesetze der Angst bringen Abhängigkeit, Mangel, Kampf und letztlich Orientierungslosigkeit.
Die Gesetze eines offenen Herzens und einer klaren Absicht bringen Fülle, Freude und Verbundenheit.
Zu diesen Gesetzen habe ich einen kleinen Film auf youtube eingestellt.

Evelin Rosenfeld

Zur Person: Evelin Rosenfeld ist Biochemikerin und Diplom-Kauffrau machte Karriere als Konzernstrategin, und entschied sich dann für einen Weg, der der Selbstbestimmung und Verbundenheit gewidmet ist. Buchautorin (u.a.: Was dir wirklich wichtig ist). Engagement in der Wirtschaftspolitik und Beraterin für wertebasiertes Management. Ihre Herzensarbeit ist jedoch das Coaching von Menschen, die ihre Freiheit zurückerobern wollen, um das WAS WIRKLICH WICHTIG ist zu leben und in die Welt zu bringen. Für sich selbst und für andere. Dafür bietet sie Coachings, Seminare und Auszeiten an. Mehr Infos bei www.evelinrosenfeld.de

Unterstützenwert ist auch ihr non-Profit Sonnenprojekt zum Erhalt und Anbau traditioneller Heilpflanzen.

 

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4 Kommentare zu “Die Angst der anderen
  1. Brigitte sagt:

     

    Schöner
    Artikel und so wahr. Wir sind alle so wie wir sind richtig, auch ohne den
    ganzen Schnick-Schnack. Stimmt die Angst nicht zu genügen, schwächt uns! Aber
    warum, wir sind im Herzen rein, und wer im Herzen rein ist und zu sich selbst
    steht, egal was andere denken und meinen, was richtig ist oder falsch ist, denn
    dies gibt es garnicht. Wer in Liebe mit sich Selbst den Anderen gegenüber
    tritt, hat einen starken Partner an seiner Seite, nämlich sich
    „Selbst“

  2. Evelinrosenfeld sagt:

    Was für eine schöne Zusammenfassung, liebe Bettina !

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