Nimm dir, was du willst oder frage danach

Lesezeit 4 Minuten –

Wie fühlst du dich, wenn du das liest? Sagen deine klein machenden Gedanken dir, dass das unmöglich ist, dass es sich nicht schickt? Spürst du im Körper einen Widerstand gegen diese Zeilen? Fragst du freundlich nach dem, was du willst, oder nimmst du es dir auf eine achtsam friedvolle Weise?

Es ist ein facettenreicher Prozess, in dem wir lernen, um das zu fragen, was wir wollen. Er findet sich in keinem schulischen Lehrplan. Uns wurde eingetrichtert, wir dürfen unsere Wünsche nicht kommunizieren oder nur in einem für andere Menschen komfortablen Rahmen. Wie können wir wissen, was ein angenehmer Rahmen für den anderen ist, und muss dieser immer angenehm sein? Wo Komfort zu lange präsent ist, entsteht Stillstand. Unser Gefährte hat überdies immer die Möglichkeit liebevoll Nein zu sagen, wenn er unseren Wunsch nicht erfüllen will. Und wir dürfen lernen, ein Nein liebevoll anzunehmen.

Wir können nicht wissen, was beim anderen ein Ja und was ein Nein auslöst und so lassen wir einen Wunsch nach dem anderen in uns sterben. Warten, dass wir ihn erfüllt bekommen, ohne ihn jemals auszusprechen, weil wir davon ausgehen, unser Gefährte kann Gedanken lesen und ziehen uns immer mehr in uns zurück und hegen Groll gegen eine Welt, die uns nicht sehen kann. Und ja, wenn wir lernen achtsam zu sein und Energien zu lesen, können wir auch Gedanken lesen und fühlend verstehen, was unsere Gefährten wollen.

Die Welt kann uns sehen, wenn wir uns zeigen.

Es ist ein Prozess, in dem wir herausfinden, was wir wirklich wirklich wollen, es in Worte voller Energie kleiden und liebevoll zu unserem Gefährten schicken. Es hat nichts mit uns zu tun, was er daraus macht, und dennoch haben wir Angst vor Ablehnung, Streit, Kleinmachen und nicht gesehen werden. Weil wir in einer Gesellschaft, die keine individuellen Wünsche erlaubt, erlebt haben, wie es ist, zu wollen und die eigene Natur zu verwirklichen. Wir wurden abgelehnt.
Du kannst nur gesehen werden und das bekommen, was du willst, wenn du dich zeigst und wahrhaftig klar formulierst, was du willst, egal was dabei herauskommt und in weiterer Folge mit Respekt und Wertschätzung deinem Umfeld gegenüber nimmst, was du willst.

Königsdisziplin: Nimm dir, was du willst

Als es im vergangenen Jahr kalt wurde, hat mein treuer vierbeiniger Begleiter mich in die Königsdisziplin des friedvollen „Nimm dir, was du willst“ mitgenommen. Mein liebes Pferd, ein 1,38 m großer, schlauer und weiser Isländer stand nach dem Tod seines Kumpels in einer Übergangsstall-Lösung. Dort musste er bei Schlechtwetter oder Hitze in die Box, weil auf der Extra-Koppel kein Unterstand war. Eigentlich war nicht geplant, dass er dort extra stehen muss. Die etwas unverträgliche Stute in der einen Herde hatte ihm gleich beim ersten Kennenlernen eine Ordentliche verpasst und er blieb extra stehen und bekam einen Teilzeitfreund. Wir wollten noch vor dem Winter einen Platz finden, wo er wieder in Freiheit leben kann. Nachdem sich nichts aufgetan hatte, wurde ihm wundervoller Weise ein Sonnensegel auf seiner Koppel montiert, damit er nicht bei jedem längeren Regenguss in den Stall muss. Kurz nach Montage des Sonnensegels hat er sich nach 4 Monaten vor Ort den Weg durch den Zaun gesucht. Das macht er ab und an, wenn es einen guten Grund gibt auf die andere Seite zu gelangen, und hat sich, als wäre es das natürlichste der Welt, zu den beiden Pferden gestellt, die fast 40 cm größer sind als er. Und das machte er gleich noch mal, als er wieder in seinen Bereich gestellt wurde, um sie unter Aufsicht schrittweise aneinander zu gewöhnen. Nichts mit langsam. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, macht er das und ist immer erfolgreich damit. Wir hatten bereits versucht, die beiden Großen mit ihm zu vergesellschaften und waren nicht mutig genug, es durchzuziehen, weil einer davon lange Hengst war und kleinere Pferde jagt und meinen auch deutlich hengstisch am Hals gepackt und sanft geschüttelt hatte.

Klein ganz groß

So blieben sie nun zusammen und ich dachte „er wird schon wissen, was er tut und sich nicht selbst umbringen“. Seit dem Moment steht er mit 2 großen Warmblütern und hat von einem Tag auf den anderen mit Ausstrahlung und ohne Kampf die Chefposition übernommen, weil er wollte. Und der Chef hat sie ihm dankenswerterweise ohne Wiederrede überlassen und guckt den Kleinen manchmal noch ganz verdutzt an, wenn er selbstsicher zu ihm an die Heuraufe spaziert und zu verstehen gibt „das hier ist jetzt mein Platz, du kannst gerne dort drüben fressen“.

Er hat sich genommen, was er wollte, ohne vorher zu fragen, weil er die Sicherheit in sich trug, dass er es bekommt.

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Svenja Reithner
Svenja Reithner

Ich erschaffe Räume des Erlebens, in denen du deine Lebendigkeit auf körperlicher,geistiger und seelischer Ebene wiederentdecken kannst und herausfindest, was es für dich bedeutet, lebendig Mensch zu sein. Diese Räume sind leise, laut lachend, meditativ, kreativ, Natur- und Tierverbunden und ermöglichen dir, dich als Mensch zu erden und dich mit deiner Seele und dem Leben zu verbinden. https://www.lebendigmenschsein.jetzt

4 Kommentare

  1. Liebe Svenja!
    Von Herzen Dank für diese wundervolle Geschichte, die in mir beim Lesen zwei Gedanken erweckte:
    1. Ich hatte tatsächlich verlernt, meine Bedürfnisse zu kommunzieren, bis ich sie überhaupt nicht mehr hätte bennen können (laut Gerald Hüter ein normaler Prozess – sie sind dann einfach nicht mehr greifbar). Ich hole sie mir allmählich in mein Herz zurück 🙂
    2. Ein herzkranker Junge (16), der jeden Tag mit dem finalen Herzinfarkt rechnen musste, hat zu einem Reporter, der ihn für eine Dokumentation begleitete, gesagt: „Jede nicht gestellte Frage ist automatisch ein ‚NEIN‘!“ Dieser Satz begleitet mich seitdem und hat dazu geführt, dass ich gelernt habe, meine Fragen zu stellen. Die Antwort ist übrigens meistens ein ‚JA‘ – welch Überraschung! 🙂

    Herzensgrüße
    Imke

    • Liebe Imke,
      danke für deinen Input mit der nicht gestellten Frage und dem Nein. Welch zauberhafte Weisheit sich darin verbirgt ✨
      Liebe Grüße zu dir,
      Svenja

  2. Liebe Svenja,
    diese wunderbare Geschichte zaubert mir ein herzhaftes Lächeln auf die Lippen, das ganz tief in meinem Bauch seinen Ursprung hat.
    Dein letzter Satz gibt mir so einen richtig schönen, fröhlichen Rückenwind!
    Ich danke Dir und Deinem Begleiter. Wie heisst er denn?
    Alles Liebe,
    Nadine

    • Liebe Nadine,
      Hrannar heißt er, und welche Freude, dass die Geschichte ein Lächeln in dein Gesicht gezaubert hat.
      Sonnige Grüße zu dir ☀️

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