S`Herbschteled

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Es ist Mitte September. Im nahegelegenen Stadtpark lädt eine Ruhebank unter einer alten Linde zum Verweilen ein. Exakt zur gleichen Zeit nehmen eine junge Dame und ein etwas älterer Mann darauf Platz. Guten Tag schöne Frau, sagte der Herr und lupfte seinen schon etwas ältlichen Hut. Darf ich mich vorstellen: Herbst, mein Name, Heribert Herbst. Ich komm aus Nebelschwand und habe bald Geburtstag.

Oh, was für ein Zufall, dass ich Sie hier treffe, sagte die junge Dame entzückt. Ich bin Frau Sommer. Sofia Sommer und ich bin in Südland geboren. Und meine Tage sind gezählt. Doch gerade deshalb hab ich heute mein schönstes Kleid nochmals angezogen. Denn ich möchte besonders schön strahlen und die Welt erfreuen mit meiner späten Wärme und all meinen Farben. Jede Blume soll sich noch einmal in voller Pracht zeigen dürfen, bevor sie mit mir ins Ungewisse geht. Und jedes Kind darf sich nochmal durch alle Eissorten schlecken.

Gewiss, sagte Herr Herbst, ja, so soll es sein. Nach einer Redepause rümpfte die junge Dame etwas die Nase und sagte: Mit Verlaub Herr Herbst, Sie riechen! Wollen Sie mir etwa sagen, dass ich stinke? Nein, nicht direkt, doch mir sind diese Düfte fremd. Was steckt drin in dieser etwas schweren Duftwolke? Herr Heribert, erzählen Sie! Das ist eine bunte Mischung aus Pilzen, Kartoffelfeuer, Nüssen, Morgennebel und feuchter Erde. Und das Ganze ist garniert mit wunderschönen Farben wie dunkelgelb und allerlei Braun und Grüntönen. Es ist grad so, als ob sich auf der Erde etwas zusammenzieht um zu vergehen und zu ruhen.

Aber jetzt zu Ihnen schönes Fräulein. Auch Sie verströmen einen Duft. Einen sehr süßen Duft. Ich möchte Sie nicht beleidigen, aber mir sind Sie etwas zu süß. Erzählen Sie, was steckt in Ihnen, schöne Maid? Sofias Augen begannen zu strahlen. Es ist ein Sammelsurium von Lavendel, Kirschen und Melonen. Ich rieche nach Schwimmbad, Himbeereis und Grillwürstchen ergänzt mit einem Spritzer Sonnencreme. Meine Farben sind kräftig und bunt, grad so als wollten sie um die Wette strahlen. Wenn ich komme, dann scheint das Leben für die Menschen irgendwie leichter und fröhlicher zu sein und darüber freue ich mich jedes Jahr aufs Neue. Doch alles hat seine Zeit. Jetzt ist es an der Zeit mich langsam aber sicher zu verabschieden. Ich mache Platz für Sie ganz allein Herr Heribert Herbst.

Das ist sehr nett von Ihnen Frau Sommer, ich habe mich sehr über ihre Bekanntschaft gefreut. Bekanntschaft? Ich glaube wir sind mehr als das. Obwohl wir doch sehr verschieden sind, sind wir gewiss verwandt. Und grüßen Sie mir Herrn Willibald Winter, denn den kenn ich nur vom hören sagen. Er ist entfernt verwandt und soll etwas streng sein, stimmt`s? Oh ja, aber da fällt mir noch zum Schluss ein, dass auch ich eine entfernte Cousine habe. Wie heißt Sie noch mal? Frieda, äh…? Meinen Sie Frieda Frühling? Ja genau. Fräulein Frühling ist so etwas wie eine kleine Schwester, schwärmte Frau Sommer. Wenn ich sie nächstes Jahr treffe, werde ich ihr von Ihnen erzählen. Ja, bestellen Sie ihr unbekannterweise einen Gruß von mir. Das mach ich gerne. Jetzt muss ich aber gehen, hier zieht`s gehörig und es sieht nach Regen aus. Sie drückte ihrem Banknachbarn einen flüchtigen Kuss auf die Wange und sagte zum Abschied: ich glaub …..
Es „Heribert – herbschteled“

Für Rita Wohllaib ist S`Herbschteled ein Ausdruck ihres Alemanisch-Schwyzerdytschem Dialekts (sie wohnt an der Schweizer Grenze unweit von Schaffhausen)

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2 Kommentare zu “S`Herbschteled
  1. Anne P.-D sagt:

    Wunderschön die Gespräche in dieser Geschichte. Danke und allen einen schönen Herbst. Lieben Gruß Anne

  2. Mona Motiramani sagt:

    Eine bezaubernde Geschichte🌹❤️😘

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