The Big Slow Down

Foto: Holger unsplash

Von Claudia Shkatov. Vor ein paar Tagen bin ich aus Südafrika zurückgekehrt. Ich habe eine weitere Soul Quest in die Wildnis des Motherland unternommen. Diesmal zusammen mit meinem Soul Quest Retreat Team und einer wundervollen Public Relations Spezialistin, Fotografin und Conscious Travel Bloggerin.

Jetzt sitze ich hier in meinem Lieblingssessel zuhause in freiwilliger Selbstisolation nach über 20 Stunden Reisen in zwei Flugzeugen über drei Flughäfen und staune darüber, wie präzise das Leben gerade dafür sorgt, dass jeder von uns auf der Welt genau an die Stelle gerückt wird, an die er und sie gehört.

Zeit & Raum zum Aufräumen

Meine Beziehung zum Corona Virus ist friedlich und dankbar. Irgendwie gibt es in mir keine andere Resonanz. Und ich fühle mit allen, für die es im Augenblick anders ist. Denn ich weiß, dass es niemandem besser geht, wenn ich mitleide. Und ich vertraue darauf, dass das wir alle ungeahnte Lösungen und Möglichkeiten finden werden. Wenn wir uns dafür öffnen. Also konzentriere ich mich auf all das, was gerade gut läuft. Und das ist eine Menge.

Zum Beispiel bin ich mit vielen Klopapierrollen in unserem Vorratskeller (ich hatte schon immer eine Schwäche für Vorräte :), mit unseren drei Söhnen, der Freundin unseres Ältesten, unserer Katze und mit meinem Mann, der bis mindestens Anfang Mai nicht mehr auf seine sonst regelmäßigen Geschäftsreisen nach Osteuropa gehen darf, in unserem schönen hellen Haus bei Berlin in Quarantäne. Und ich beobachte, wie all der Wahnsinn, der mich in meinen fast 55 Lebensjahren immer wieder selbst getrieben und aus dem Gleichgewicht gebracht hat, da draußen langsam und sicher verebbt. All das Rennen, Hetzen, Kämpfen, der Massenkonsum, das Fürchten, Debattieren, der Krach, , die Manipulation, die Konkurrenz, das Kompensieren, das Weglaufen, Ausweichen und Ablenken hören auf.

Gleichzeitig bin ich den vielen Menschen so dankbar, die gerade gar nicht langsamer werden und immer noch dafür sorgen, dass alles um mich herum funktioniert. Der Müll wird abgeholt. Die Post wird weiterhin versendet. Wir haben Strom und sauberes Wasser. Alle Supermärkte, Apotheken, Tankstellen und Drogerien funktionieren weiterhin. Mutige Krankenschwestern und Ärzte sind überall im Einsatz. Wir sind so gut versorgt. Danke!

Menschen singen und musizieren gemeinsam an ihren Fenstern. Und es herrscht Frieden. Ich spüre und sehe, dass jeder von uns jetzt den Raum und die Zeit erhält, um genau das aufzuräumen, was für ihn und sie bisher liegengeblieben ist. Für den einen ist es tatsächlich ein „Endlich-finde-ich-mal-Zeit-diese-Schublade-aufzuräumen“. Für den anderen geht es darum, nach langer Zeit endlich wirklich zuhause in der Familie oder in einer nahen Beziehung mit einem Partner/einer Partnerin anzukommen. Wieder andere finden sich vollständig ohne direkten Kontakt und ohne die üblichen wirtschaftlichen und/oder emotionalen Sicherheiten wieder. Und die direkte Begegnung mit lange im Zaum gehaltenen Ängsten lässt sich nicht mehr vermeiden. Ganze Absatzmärkte, tausende von Aufträgen und Klienten sind verschwunden. Städte und Werke stehen still. Mir erscheint es wie ein Wunder. Und ich bin voller Demut vor dem Leben, das uns allen gerade zeigt, was wirklich wichtig ist.

WAR – Worry.Anticipate.Regret
RAW – Respect.Acknowledge.Welcome
– Matt Kahn

Aufatmen & Rückverbindung

Delphine werden wieder vor Venedig gesichtet. Und in den Canale Grande kehren die Fische zurück. Die Luftverschmutzung über den großen Städten der Welt ist dramatisch zurückgegangen. Natur und Mensch scheinen inne zu halten und wieder gemeinsam zu atmen. In mir ist eine große Ruhe. Ich habe sie einmal mehr aus der faszinierenden Weite der Great Karoo am südafrikanischen Westkap mit nach Europa gebracht. Mein Commitment und die Intention meines neuen Projektes, der Soul Quest Retreats in Südafrika, ist es, diese Ruhe, die tiefe Rückverbindung mit unserem Planeten und die im Motherland gewonnene Klarheit über natürlich funktionierende Prinzipien des Lebens, des Lernens und des Wirtschaftens auszudehnen und mit all denen in Familien und Unternehmen zu teilen, die entschlossen sind in eine neue Welt zu investieren. Denn diese neue Welt steht gerade am Start.

Überall auf der Welt geschieht jetzt Verbindung. Trotz Isolationsvorschriften finden wir Wege und Mittel, um uns um einander zu kümmern, für einander zu sorgen und uns gegenseitig unsere Verbundenheit und Zuneigung zu zeigen. Auf einmal gibt es dafür nämlich Zeit. Und angesichts einer Bedrohung, die ziemlich existentiell erscheint, wird offensichtlich, was für jeden von uns im Leben wirklich zählt.

Vor allem verbinden wir uns wieder mit uns selbst. Wir atmen wieder langsamer. Wir meditieren weltweit mit einander. Wir werden kreativ, was Lösungen für unsere Wirtschaft und Finanzen angeht. Während das Gewohnte in den Stillstand gerät oder zusammenbricht, wird plötzlich lauter Neues sichtbar und möglich.

Hingabe & Spiel

Unsere Familie versammelt sich in den letzten Tagen wieder sehr regelmäßig zum Essen. Und, stellt Euch vor, wir spielen jeden Tag einige Stunden alle mit einander. Wehrwölfe, Uno, Siedler von Catan, …. Wir haben ewig nicht mehr Verstecken gespielt, was ich sehr liebe. Bisher meinen unsere Söhne leider, sie seien jetzt schon zu groß, um im Haus passende Verstecke für sich finden zu können. Mal sehen…. ☺. Fast jeden Tag reserviere ich feste Zeiten für Gespräche mit Familienmitgliedern, FreundInnen und Kolleginnen. Wir telefonieren, schreiben und skypen. Und ich verbringe sehr viel Zeit in Stille.

Mein Mann und ich haben nach 25 gemeinsamen Jahren das letzte Jahr über eine Trennung in der Ehe gelebt, was uns beiden enorm viel Luft zum Atmen und vielen alten Knoten die Gelegenheit gab, sich fast von allein zu lösen. Gleichzeitig fanden wir beide neuen inneren Raum und Kraft für kreative Projekte, die nun in die Welt wollen. Und jetzt kann keiner von uns mehr dem ausweichen, was noch zu Lösen übrig ist. Für mich heißt das, dass ich mich dieser Zeit ganz hingebe, und mich jeden Tag innerlich auf das ausrichte auf das, was ich wirklich will. Und ich halte mich möglichst wenig auf mit dem, was ich nicht mehr will. Trigger gibt es immer wieder. Und ich weiß, dass meine heutigen Gefühle, Gedanken und Handlungen die Weichen stellen für jeden nächsten Moment.

Mein Commitment gilt also der Ausrichtung auf Liebe und Freude. Und ich bin alles andere als perfekt. Doch ich weiß, was sich gut anfühlt in mir. Ich habe gelernt, die Perfektion in jeder (scheinbaren) Nicht-Perfektion zu finden. Liebe, Freude und Dankbarkeit, fühlen sich einfach so viel besser in meinem Körper an als Angst, Groll, Scham oder Schuld. Und es ist an mir, Gründe für das eine oder andere zu finden und meine innere Haltung, mein Gefühl und meine Ausrichtung im Handeln und Denken an dem auszurichten, was ich im Leben sehen will.

Brücken bauen in die Freiheit

Es ist an der Zeit mich nicht mehr selbst zurückzuhalten mit dem, was mich scheinbar bremst. Hier ein Problem, dort ein Missstand oder Konflikt, und noch ein weiterer Grund jetzt gerade nicht ganz froh sein zu können. Jede Situation ist wie eine Medaille, die zwei Seiten hat. Jedes Thema ist ein Pol einer Grundenergie. So können Krankheit und Gesundheit als zwei Pole der Energie Leben betrachtet werden. Mann und Frau sind die Pole der Energie Mensch. In unserer Welt kann das eine ohne das andere nicht existieren. Beide Pole bedingen und unterstützen sich gegenseitig. Und wir Menschen haben die Aufgabe, die Verbindung zwischen diesen Polen zu finden und Brücken zu bauen. Anstatt uns weiter zu bekämpfen. Im Innen wie im Außen.

Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass der gegenüberliegende Pol von Verbindung Sucht ist. Die Grundenergie beider Pole ist Freiheit. Hiermit meine ich keine Freiheit, die wegläuft und sich trennt. Gemeint ist ein inneres Gefühl und Wissen von Vertrauen und Würde, das mir die Möglichkeit gibt das für mich Richtige aus den richtigen Gründen zu tun. Falsche Gründe wären zB Angst, Hoffnungslosigkeit, Zweifel, Kontrolle. Richtige Gründe nenne ich zB Liebe, Hingabe, Commitment, Leidenschaft, Begeisterung.

Diese Art von Freiheit dürfen wir gerade alle mit einander lernen. Unsere Süchte und Kompensationsstrategien von harten Drogen über sogenannte Gesellschaftsdrogen wie Alkohol, Zigaretten, Marihuana bis hin zu allgemein völlig unbeachteten Suchtvarianten epidemischen Ausmaßes wie Arbeit und intime Beziehung werden offensichtlich und bieten uns keinen Ausweg mehr. Jeder von uns wird mit sich selbst konfrontiert und mit dem Teil, der dieser Verbindung mit dem eigenen Herzen ausweicht. In meiner Beziehung zu anderen Menschen wird der Zustand dieser Verbindung am besten sichtbar. Und sie lässt sich nur in mir selbst herstellen. Genau das tun wir gerade, wenn wir uns der Angst, der Familie, der Beziehung, der Isolation, dem Kontrollverlust oder der Verletzlichkeit in uns stellen.

Angst & Frieden

Das Einzige, was uns zurückhält ist die Angst. Immer wenn ich in Afrika bin, lerne ich etwas mehr darüber. Dieses Mal haben mich die Schlangen unterrichtet. Während meines Solotages in der Groot Karoo war ich super wachsam in Bezug auf eine mögliche Begegnung mit Giftschlangen. Und ich war neugierig darauf. Ich sah sie zwar nicht, jedoch spürte ich ständig ihre Nähe. Am Abend erzählte ich davon unseren Wilderness Guides. Und sie erklärten mir, dass Schlangen für den, dem sie sich zeigen, immer eine machtvolle Medizin sind. Meist bekommen wir sie jedoch nicht zu Gesicht, denn sie nehmen uns wahr schon lange, bevor wie sie sehen können. Und dann verschwinden sie so schnell wie möglich. Ganz wenige sind so träge, dass sie lieber in der Sonne einschlafen, als sich rechtzeitig wegzubewegen. Und wenn ein Mensch in der Wildnis nicht wach und buchstäblich bei Sinnen ist (der durchschnittliche Mensch der Zivilisation ist weit davon entfernt und ständig in seinen Gedanken und im Mobiltelefon verloren), dann kann er leicht auf eine solche Schlange, wie zum Beispiel die Puffotter, die wie vertrocknetes Holz aussieht, wenn sie schläft., treten.

Daher habe ich gelernt, (insbesondere in der Wildnis) wach, im Körper und bei Sinnen zu sein. Und ich habe gelernt, dass Schlangen, wenn sie einen Menschen beißen, dies in der Regel nur als Warnung tun und nur sehr selten dabei auch ihr Gift gebrauchen. Dieses benötigen sie nämlich zum Erlegen ihrer Beute also für ihre Ernährung. Und die Produktion des Giftes in ihren Körpern verbraucht sehr viel Energie. Die meisten Menschen wissen das nicht. Und in den meisten Fällen von Schlangenbissen ist die Angst der Gebissenen so groß, dass sie am Schock und an Herzversagen anstatt an Schlangengift sterben. Und auch ein Gegengift in einem Körper, der vorher gar kein Gift in sich hat, kann tödlich wirken.

Diese Lektion kommt mir gerade in diesen Tagen während unserer Quarantäne immer wieder in den Sinn. Angst lähmt, Angst verleitet zu unachtsamen Handlungen. Angst trübt die Wahrnehmung. Sie kann einen Menschen umbringen. Und sie hat noch nie eine Situation besser gemacht. Daher schaue ich aktiv keine Nachrichtgen und weiß, dass alle Informationen, die für mich wichtig sind, ganz sicher zu mir kommen.

Afrika hat mich außerdem gelehrt, mit der Angst umzugehen, wenn sie kommt. Und sie kommt. Wenn Du die Angst spürst, dann ist Dein erster Impuls normalerweise auszuweichen. Ich gehe dann in den Kopf und meine Gedanken rasen wie verrückt. Oder ich werde taub im Körper und super kontrolliert ruhig. Sobald ich das bemerke, versenke ich mich ganz bewusst in die Empfindungen im Körper. Ich lasse mich wie in einen Teich in das, was ich wahrnehme, hineinsinken. Und ich fühle die gesamte Ladung der Anspannung, des Herzrasens, der Enge und des Drucks. Das fühlt sich im ersten Moment völlig entgegen der Intuition an. Und es kann sehr unangenehm sein. Doch ich entspanne mich immer weiter in die körperliche Empfindung. Und dann verändert sich langsam etwas in mir. Meist lande ich in einem Gefühl vollkommenen Friedens und Eins-Seins. Und falls das noch nicht ganz klappt, so wie heute morgen zum Beispiel, gehe ich in direkten Kontakt mit der Erde. Ich gehe in den Wald und lege mich dort auf einen stillen Platz zwischen den Bäumen. Oder ich jäte im Garten Unkraut und versenke meine Hände tief in den Boden. Im Körper und bei Sinnen sein macht wach und lässt die Angst schwinden. Und tägliche Meditation hilft mir dabei, diese Bewegung in den Körper zu schulen.

Seid beschützt und umarmt!

Claudia

Claudia Shkatov.

Herzenshörerin – Trainerin – Autorin

www.blissbow.de

instagram.com/soulquestretreats

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6 Kommentare zu “The Big Slow Down
  1. Jutta Dinter sagt:

    …Lieben Dank, Claudia!!!

  2. Martina sagt:

    Claudia, vielen Dank für dein Teilen …. 🙏
    In Verbundenheit, Martina

  3. Stephanie sagt:

    soooo schön liebe Claudi, Danke für Deine wundervollen Zeilen

  4. Liebe Claudia, auch ich begegne dieser Pandemie wenn ich aufs große Ganze schaue als Chance, als Atempause für unseren Planeten. Natürlich gibt es tragische und traurige Ereignisse, die viele Menschen betrefffen.Das darf man nicht klein reden.
    Ich denke Mutter Erde wehrt sich. Sie hat schon so viele Apelle ausgesandt, aber wer spricht noch von den fürchterlichen Bränden in Australien ? schon vergessen ?
    Die Wirtschaft möchte am liebsten da wieder einsteigen, wo sie aussteigen musste.
    OK dann wird die nächste Warnung kommen, bis wir verstehen, dass es kein höher schneller weiter mehr geben darf. Nutzen wir alle diese Atempause um uns dauerhaft zu beschränken und demütig auf das Leben zu schauen. Danke für deinen Input 🌈

  5. Saran Lauwers sagt:

    Danke Claudia. Bei dir spüre ich, dass du abwartest und mitmachst mit Corona. Du lebst einfach in Quarantäne. Darfst du. Ich habe mich aber auf die neue Zeit vorbereitet: habe meine 10-jährige Beziehung geändert und bin in mein WoMo „NOMAD“ eingezogen. Mein tiny house. Mein Bauer im nächsten Dorf hat Obst&Gemüse für mich. Und ich stehe bei einer freundlichen Bauernfamilie.Ich bin gerüstet. Habe auch eine neue LIEBE gefunden. Ich l(i)ebe wieder. Ich bin.

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