Gute Eltern bleiben bei Trennung und Scheidung
– ein Plädoyer für die Kinder von Axel Doderer. Die Auflösung einer Paarbeziehung ist immer ein äußerst schmerzlicher Prozess für beide Partner. Jede(r) gerät an seine Grenzen. Wenn zusätzlich Kinder zu dem sich trennenden – oder getrennten Paar gehören, droht die Situation schnell zu eskalieren und es ist umso wichtiger, einen guten Umgang zu finden.
Es gibt einige Grundregeln für eine “gute Trennung“
Der Wunsch nach dem Wohl des Kindes bzw. der Kinder bei Vater und Mutter ist dabei einerseits eine gute Motivation andererseits oft eine Quelle von Missverständnissen. Wenn beide Partner die wesentlichen Regeln kennen, die zu einer „guten Trennung“ gehören, ist der Weg dorthin gar nicht so schwer.
Um diesen Regeln auf die Spur zu kommen, ist der Blick auf den Beginn der Partnerschaft und der daraus resultierenden Elternschaft äußerst hilfreich. In den meisten Fällen erinnern sich beide Eltern dann an die Deutlichkeit, in der sie aufeinander zu gegangen sind, sich zueinander hingezogen fühlten. Diese Erinnerung ist eine Kontaktnahme an die damals wahrnehmbare Anerkennung des/der Anderen, an die damalige Liebe.
Am Beginn der Elternschaft steht meistens Liebe
Wenn Kinder zu einer Beziehung dazu kamen, heißt das, das beide Elternteile immer weiter in der Bejahung füreinander blieben: Ja zur Partnerschaft, Ja zum Zusammen bleiben – oft auch: Zusammen wohnen, ggf. Ja zur Heirat und auf jeden Fall JA zu dem gemeinsamen Kind/Kindern. Mit diesen Ja`s sind eine ganze Menge an Vorstellungen und Hoffnungen verbunden. Ob diese Vorstellungen wirklich gut zu einander passen und in das gemeinsame (Familien)-Leben übersetzt werden können, zeigt sich dann erst im Alltag und insbesondere im Erziehungs-Alltag. Oft wird gerade dann, wenn es um Erziehungsfragen geht die Unterschiedlichkeit des Denkens und Fühlens eines Paares deutlich – und das kann schnell existenziell werden, denn es ist für beide Eltern kaum aushaltbar, wenn das eigene Kind vermeintlich falsch behandelt wird. Hier geht es um tiefe Wertvorstellungen und innere Überzeugungen (die wiederum zu großen Anteilen aus der eigenen Familie übernommen wurden).
Für das Paar ist das eine entscheidende Phase. Jetzt gilt es die Hürde der Andersartigkeit des/der Anderen zu nehmen – gelingt dies und das Paar findet seine Gleichwertigkeit, bleibt die Beziehung gut erhalten und wächst sogar deutlich an dieser gegenseitigen Anerkennung.
Sind die Unterschiedlichkeiten aber zu groß und können nicht integriert werden, geht die Liebe bei dem Paar verloren. Manchmal ist es allerdings auch so, dass aus anderen Gründen die Liebe abhandenkommt – die Liebe ihre ganz eigene „Halbwertzeit“ hat.
Die Anerkennung der Halbwertzeit der Liebe
Bei dem genaueren Hinschauen bei Trennungen wird oft ersichtlich, dass zumindest eine Person schon länger im Defizit ist, sich nicht angenommen und anerkannt fühlt. Die Spielräume der Klärung und des Sich-wieder-Findens für das Paar sind dann meist schon länger ausgelotet. Und statt das in diesem Prozess Erneuerung gefunden werden konnte, gibt es Frustration und Rückzug. Nach einer Weile wird daraus dann die meist bittere Erkenntnis für einen der beiden Partner: „es geht nicht mehr“. Parallel mit dieser Bewegung geht dem Paar damit die längerfristig gemeinsame Zukunftsvision verloren. Damit ist die Partnerschaft in Frage gestellt und die gelebte Liebe ist vorbei.
Ich nenne es: die Halbwertzeit der Liebe.
Wenn einer von beiden fühlt es ist vorbei – ist es vorbei
In einer Trennungssituation ist tendenziell enthalten, dass einer der beiden Partner der oder die ist, die das Ende der Partnerschaft deutlich fühlt und schon länger damit ringt. Je nachdem, wie offen beide damit umgehen, entstehen daraus Zeiten der Verdrängung, des Durchhaltens, der Auseinandersetzungen oder des Schweigens und der Starre. – Bis es nicht mehr aushaltbar ist – Dann sind Schritte zwingend, die als Befreiungsschritte zu sehen sind, oft ist es dann eine dritte Person, die auftaucht und an der sich die Krise des Paares manifestiert.
Die Trennungsdynamiken sind damit grob skizziert, sie bedürfen in jedem einzelnen Fall einer intensive Beobachtung und Analyse, dennoch möchte ich jetzt auf die wesentlichen Regeln kommen, die aus allen bisherigen Beobachtungen logisch resultieren:
Gute Trennungs-Regeln:
• Der Entschluss zur Trennung insbesondere bei Paaren mit Kindern ist nie als leichtfertig zu sehen, sondern immer als zwingender, oft „gereifter“ Prozess mit einer entsprechenden Vorgeschichte.• Wenn aus einem Paar Eltern werden ist das eine Schicksalsverbindung, die nicht mehr zu brechen ist. Die Mutter bleibt immer die Mutter, der Vater bleibt immer der Vater. Und das Kind bzw. die Kinder, immer die Kinder genau dieser beiden Eltern.
• Das Beste, was jedem Kind geschehen kann ist die Bejahung beider Eltern genau dazu! Also Ja zu deiner Mutter! Ja zu deinem Vater! Und natürlich Ja zu dir selbst! – Diese Bejahung sollte das ganze Leben über bleiben – unabhängig von dem, was über die Elternschaft hinaus noch an gutem oder schwierigem Leben möglich ist oder war!
• Den trennenden Eltern geht es selbst sofort besser, wenn sie sich darauf besinnen und anerkennen, dass sie sich (schon länger) nicht (mehr) das erfüllen können, was sie sich gegenseitig von der Partnerschaft und Elternschaft erwarten bzw. erwartet haben.
• Dann folgt die Dankbarkeit und Anerkennung für das, was gemeinsam möglich war. Heilsam ist, darin etwas Bleibendes zu sehen. Ein guter Satz in vielen Fällen ist: „In unseren Kindern lebt unsere Liebe fort“. Allerdings braucht es je nach Vorgeschichte zur Trennung hier Zeit und Aufarbeitung und sehr individuelle Schritte, um zu diesem guten Abschluss einer Beziehung zu kommen.
• Die Herausforderung des sich trennenden Elternteiles ist das schlechte Gewissen, die Herausforderung der/des anderen ist der Schmerz des Verlassen worden Seins, der
Zusammenbruch des Wunschmodells und letztendlich die Überwindung des Selbstwerteinbruchs.
• Alle diese Bewegungen haben in sich viel Ladung und oft existentielle Wucht. Förderlich ist, diese als überwindbar und als die Herausforderungen zu sehen, die offensichtlich zu der persönlichen Weiterentwicklung in das Leben dieses Vaters und dieser Mutter und auch dieser Kinder gehören.
Als Familiencoach bin ich orientiert, einem Paar zunächst dabei zu helfen, die Partnerschaft zu erhalten und durch offenes Anschauen der Themen in der Partnerschaft den gemeinsamen Wachstumsprozess als lohnend und als „im Vertrag enthalten“ zu sehen. Erst wenn das eindeutig nicht möglich ist und ein Partner erkennt, dass er in den Glauben und die Wahrnehmung des gemeinsamen Wachstumsprozesses nicht zurückkehren kann, lohnt es, den Trennungsprozess im o g Sinn zu durchleben – und zu begleiten. Dann finden die Eltern mit ihren Kindern bzw. für ihre Kinder die jeweils richtigen, individuellen Lösungen.
Diese sind oft sehr kreativ und flexibel, denn, mit diesem Prozess schwindet die Angst jedes Elternteiles etwas zu verlieren ebenso wie die Vorwürfe der Eltern aneinander, einer würde dem anderen das Kind missgönnen. Das mag „heile Welt mäßig“ klingen – ist es aber nicht. Die Herausforderung des Verzichtes ist sehr hautnah. Sie bringt an die Grenzen, aber mit deren Überwindung ebenso in die Freude einer neuen, gut leb-baren Familien-Realität. Der Lohn sind offene und gute Beziehung unter Eltern und ihren Kindern. Unabhängig davon wo wer wohnt.
Axel Doderer arbeitet seit über 25 Jahren in eigener Praxis für Gutes Gelingen in Familie, Erziehung und Partnerschaft. Unter dem Begriff „Familien Coaching Professional®“ bietet er neben der Praxisarbeit immer wieder Seminare zu dem Fluss der Liebe in Familien an. Mehr Informationen unterwww.fam-coach.de
Heirat wird natürlich mit großen Hoffnungen und Vorstellungen verbunden, wobei man an Scheidung nicht denkt. Nach der Trennung, ist es wichtig die Vorgeschichte dem Kind zu erklären. Danke für die weitere Info über Scheidungen der Familien!
Danke für den Tipp, dass man den Blick auf den Beginn der Partnerschaft und der daraus resultierenden Elternschaft behalten sollte, wenn man überlegt wie man eine gute Trennung vollzieht. Unser Anwalt für Familienrecht hat uns auch gesagt, dass wir auch nach der Trennung immer noch die Eltern unserer Kinder bleiben. Und, dass wir dies unseren Kindern auch entsprechend vermitteln müssen.